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MISS CRASH

Wenn Maria Woploschalek in einem Amt gearbeitet hätte, wäre ihr Name einfach so hingenommen worden. Da sie aber eine ausgefallene Karriere als Tattoo-Freak anstrebte, musste sie sich ein anderes Label einfallen lassen. Sie entschied sich für „Miss Crash“.

Sie war ja auch viel zu schön für eine „Woploschalek“ mit ihrem feuerroten Haar (das war das herausragendste Merkmal an ihr). Schrittweise waren es die Tattoos, die sich auf ihren Körper auszubreiten begannen. Da waren exotische Blüten und Ereignisse aus ihrem bisherigen Leben: die Geburt, „Miss Crash“ im Alter sieben Jahren, mit fünfzehn, als sie sich das erste Verzierung hatte stechen lassen, sehr zum Entsetzen ihrer Eltern – aber der Tattooist war immerhin ein Meister seines Fachs. Sie ließ auch nie von einem anderen bearbeiten.

Mit zwanzig begann sie, die utopischen Filme à la „Odyssee im Weltraum“ oder „Contact“ und mit der Zeit gab es keine Körperstelle, die freiblieb. Sie verspürte verstärkt den Drang, das auch herzuzeigen. Sie trat in irgendwelchen Tingel-Tangel-Lokalen auf, wo sie nackt bis auf einen winzigen String-Tanga war – das war die Voraussetzung, damit das Publikum die ganze Pracht bewundern konnte.

Damit nicht genug! Die Leute wollten mehr sehen, und so gab „Miss Crash“ ihnen durch obszöne Bewegungen zu verstehen, was in ihr steckte. Sie musste sich regelrecht Mut antrinken und dann war ihr auch schon alles egal. Sie ergab sich in ihr Schicksal. Was war sonst noch von ihr zu sehen? Sie zog ihren G-String aus und da zeigte sich, dass sie die Umrisse des winzigen Hös‘chens frei geblieben war. Sie ließ sich tief in ihre Scham blicken, dass es schon tiefer nicht mehr – sie gab ihr Innerstes preis.

Und dann passierte eines schönen Tages das Folgende: Warum sollte sie sich das antun, fragte sie sich selbst? Die ständigen Erniedrigungen, so empfand sie das plötzlich, waren ihr schlagartig bewusst geworden. Warum machte sie sich zum Narren? Da war es besser, wenn sie sich als Ladnerin in einem Supermarkt anstellen ließ. Da traf es sich gut, dass der Tattooist ihr Gesicht freigelassen hatte – sonst würde sie Job gar nicht bekommen haben. Ihre Eltern waren gestorben, nacheinander, und hatten ihr ein kleines Vermögen hinterlassen, das sie vorerst nicht anrührte.

Gesagt, getan – die Woploschalek stellte sich vor und wurde auch gleich genommen. In der Praxis zog sich die Angelegenheit aber dahin – ein nervtötender immer gleicher Arbeitstag. Aber sie hatte nichts anderes gelernt außer Tattoo-Zeigen und das wollte sie partout nicht mehr. Und so blieb ihr der Job, den sie angenommen hatte. Aufgrund des Personalmangels hatte sie die Chance, in der Kassa zu arbeiten und die ergriff sofort – die Bezahlung war wesentlich besser. Aber: Die Tätigkeit an der Kassa war nicht weniger fade, als die als Ladnerin. Einerlei – es gab nach Dienstschluss auch noch die „sozialen Medien“.

Als Influencer (da interessierte sie am meisten) werden Personen bezeichnet, die aus eigenem Antrieb Inhalte (Text, Bild, Audio, Video) zu einem Themengebiet in hoher und regelmäßiger Frequenz veröffentlichen und damit eine soziale Interaktion initiieren. Dies erfolgt über internetbasierte Kommunikationskanäle wie Blogs und soziale Netzwerke wie Facebook, Instagram, YouTube, Snapchat oder Twitter. Influencer ragen aus der Masse der Social-Media-Nutzer heraus, da sie mit ihrer Tätigkeit hohe Reichweiten erzielen. Wenn solche Personen ausschließlich durch ihre digitale Präsenz Einfluss gewonnen haben, werden sie im engeren Sinn auch als Digital, Social oder Social Media Influencer bezeichnet. Influencer wurden im Laufe der Zeit eher ungeplant und unbewusst zu Multiplikatoren und Meinungsführern. Ihre Multiplikatorfunktion begründet sich aus der hohen Reichweite und den viralen Effekten der Informationsweiterleitung innerhalb ihrer Community. Meinungsführer sind sie, da sie in Social Media durch die Qualität ihrer Kommunikation und Argumentation und durch eine hohe Aktivität einen stärkeren Einfluss als andere Social Media Nutzer ausüben. Die Netzwerkeffekte entwickeln durch ihre Viralität eine vom Influencer am Anfang gar nicht vorhergesehene Eigendynamik. Die Überzeugungskraft eines Influencers basiert auf seiner Persönlichkeit und seinen positiven Charaktereigenschaften. Mit dem Idealbild eines Influencers werden Eigenschaften wie Glaubwürdigkeit, Vertrauen, Authentizität und Ausstrahlung verbunden.

Und sie wollte Influencerin werden! Und sie hatte auch schon ein Thema: Ihre Tattoos!

Da konnte sie sicher sein, dass sie keinen herabwürdigen Avancen ausgesetzt war. Die Rede war insbesondere von Innerste nach oben kehren und was dergleichen Quatsch mehr ist. Hier lief alles so ab, wie sie es wollte – und nur so. Sie trug einen knappen Bikini, selbstverständlich mit Oberteil, darauf hatte sie extra wertgelegt. Und sie machte nur Sachen, die ihr nicht gegen den Strich gingen. Sie zeigte in Ruhe ihre Tattoos – ein Blumenhain, das war ihr schönstes, wie gesagt die Niederkunft, und immer wieder Blumen, sie im Alter von sieben Jahren, auch sehr schön, und immer wieder Blumen, sie im Alter von fünfzehn Jahren, das war besonders niedlich, die aufblühende Schönheit, als sie die erste Tätowierung anbringen, und immer wieder Blumen, die Aufzeichnung aus „Contact“ beziehungsweise aus „Odyssee“, bis der gesamte Körper mit Ausnahme des Gesichts und des Intimbereichs bedeckt war.

Und drehte Miss Crash sich um 180 Grad – es war ihr plötzlich zu langweilig geworden und sie sehnte sich wiederum nach ihrem alten Leben, tingelte in miesen Schuppen herum und es war ihr schlagartig klar, dass sie nie etwas anderes machen wollte, als sich zur Schau zu stellen. Sie war mit einem Mal süchtig danach, in letzter Konsequenz auch ihren Bikini wieder abzulegen, somit ihr Innerstes nach außen zu kehren. Sie leckte an ihren Brüsten und vor allem an ihrer Schnecke bis tief hinein.

Der Job im Supermarkt konnte noch ein paar Jahre warten…