ROMAN NR. 10 – Leseprobe 9
Kapitel 25
Felix Steinfeld war steinreich geworden. Er hatte einen Lottogewinn von bedeutender Höhe gemacht, der es ihm ermöglichte, fürderhin seinen Beruf (er war Buchhalter in dem von Zoé als Unternehmensberaterin durcheindergewirbelten Firma gewesen) an den Nagel zu hängen.
Felix erfuhr vom Auftritt Nala Mandisas in Paris und er reiste ihr umgehend nach. Dort stieg er im Ritz an der Place Vendôme ab und ließ es sich an nichts fehlen. Der Zufall wollte es, dass Rudy van Geldern im selben Hotel (Noblesse oblige) verweilte und Nala aus ihrer selbstverschuldeten Lage befreite – denn sie hatte in einem seltenen Anfall von Unabhängigkeit geglaubt, dass sie sich von Rudy emanzipieren könne, während sie in Wahrheit knöcheltief in seiner Schuld stand, wie er sich so treffend ausdrückte.
Rudy und Nala saßen gemütlich in der Lobby des Hotels, als Felix Steinfeld hereinschneite. Er apostrophierte, dass er sie schon eine Ewigkeit (sagt man das zu einer Dame?) verehre und dass er sich freue, ihr persönlich zu begegnen. Rudy war alarmiert – da wusste er noch nichts von der spezifischen Veranlagung des Kontrahenten. Äußerlich verbindlich plauderten die Beiden – Nala warf nur gelegentlich einen Satz hinein. Sie hatte mit typisch weiblicher Intuition erkannt, dass Felix vom anderen Ufer war, und sie dachte, dass er ihr in Zukunft nützlich sein könnte.
Die Drei gingen auf ihre Zimmer – jeder für sich, und ganz platonisch. Dass Rudy und Felix ganz unterschiedliche Ziele verfolgten, nahm Nala zunächst einmal zur Kenntnis.
Kapitel 26
Was soll‘s? Zoé wollte wieder einmal das „unkeusche“ Kleid ausführen – auf das auch Nicolas sehr stolz war. Immerhin war er es gewesen, der ihr zum Kauf dieses Fähnchens geraten hatte. Sie gingen auf den Empfang des britischen Botschafters in Wien – Gott allein wusste, wie Nicolas zu der Einladung gekommen war. Es musste sich um was Geschäftliches handeln.
Der Herr Botschafter wusste, als sie ihm ihre Aufwartung machen, gar nicht, wohin er schauen sollte, bis er sich fing und Zoé direkt in die Augen blickte – Nicolas wurde zur Nebensache. Die herumstehenden britischen Paare fanden die Robe „shocking“ und die anwesenden Österreicherinnen waren in der Mehrheit pikiert – die Herren riskierten schon eine heimliche Schau. Zoé war selbstbewusst – jetzt erst recht!
Das Kleid war für sich gesehen eine Wucht – hauchdünn, nahezu durchsichtig, der rechts angebrachte Schlitz reichte bis zum halben Oberschenkel, darunter einen transparenten BH und ein weißes Hös‘chen. Es war dem Anlass entsprechend nicht ganz angemessen – aber Zoé scherte einen Tinnef um die Leute, Hauptsache, wenn sie Aufsehen erregte.
Der Eklat legte sich, zumindest zum Teil. „Business as usual!“, war wieder die Devise, abwechselnd mit „Small talk!“
Das Interesse an Zoé nahm ab, sehr zum Leidwesen der Betreffenden. Diese veranstaltete eine Neuauflage des provokanten Verhaltens. Aber niemand beachtete sie fürderhin, sodass sie schließlich ihre spärliche Montur ablegte und in bloßer Nacktheit dastand. Es dauerte allerdings nicht lange, bis der hauseigene Ordnungsdienst ihr eine Decke überwarf und sie in einen Nebenraum geleitete. Dort über sie Nicolas, der ihr gar nicht böse war – das Geschäft war ohnehin nicht zustande gekommen.
Bei der Heimfahrt lachten Zoé und Nicolas über die dummen Gesichter – ihren Spaß hatten sie gehabt.
Kapitel 27
Mit Nicolas‘ Firma lief es immer schlechter. Er hatte Zoé letztlich doch um Hilfe gebeten, obwohl das seinerzeit getroffen Abmachungen widersprach – er hatte nur niemand Anderes gefunden.
„Jetzt zeig‘ einmal, was du drauf hast!“, sagte er.
„Mit dem Vorbehalt, dass du deine Unschuld einbüßt.“ – „Was soll das bedeuten?“, erwiderte er. – „Du wirst schon sehen!“, machte sie ihm deutlich. „Als Erstes musst du mir die Schlüsselgewalt über dein Unternehmen geben und dich vorläufig zurückziehen!“
„Kommt nicht in Frage, dass ich mich zurückziehe. Das wär‘ ja noch schöner!“ – „Da haben wir jetzt unseren ersten Konflikt – möge so nicht weitergehen. Andernfalls sind wir gleich miteinander fertig!“, monierte Zoe.
Und Nicolas zog sich grummelnd zurück. Nach so vielen Gelegenheiten schliefen sie nicht miteinander – ja Nicolas betrank sich in einem Lokal in der Floridsdorfer Hauptstraße sinnlos und allein. Als er des morgens wiederkam, sagte er zu Allem „Okay!“
Zoé waltete ihres Amtes. Zuerst stellte sie der kleinen, aber feinen Belegschaft als „Interim Chief Executive Officer“ vor. Dann begann die eigentliche Arbeit mit Interviews sämtlicher Mitarbeiter.