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DER IMPERATOR – Leseprobe 3

SIEBENTES KAPITEL

Gallienus und Arminia gingen mit großem Tross auf Reisen – in den Orient. Bei Gallienus wurden Erinnerungen an seinen Vater, inklusive schlechtes Gewissen, weil er ihm seinerzeit nicht zu Hilfe gekommen war. Aber das stellte sich gar nicht zur Debatte, überlegte er, aus den erwähnten Gründen. Sie waren Gäste bei Odenathus, dem einflussreichen Stadtherren von Palmyra.

Dieser hatte von Gallienus den Oberbefehl über die gesamten römischen Truppen im Osten erhalten. Er eroberte er in einer Reihe von Feldzügen gegen die Sassaniden einen Großteil Mesopotamiens zurück. Es gelang ihm jedoch nicht, die persische Hauptstadt Seleukeia-Ktesiphon einzunehmen. Bevor er ermordet wurde, herrschte er wie ein unabhängiger König über den Osten, obwohl er formal loyal gegenüber Rom blieb und von Gallienus mit zahlreichen Ehrentiteln ausgezeichnet wurde.

Odenathus verwöhnte Gallienus und Arminia mit allerlei Köstlichkeiten, wie sie nur der Orient bieten konnte. Er wunderte sich insgeheim über seinen Gast, der sich als zweite Frau eine (wenn auch hochgebildete) Markomannin ausgesucht hatte, was für gewisse Leute ein Problem darstellte. Er mochte sich denken, dass da noch mehr dahinter stecken wollte: ein urtümlicher Charme und Sex-Appeal, der weit über das Gewöhnliche hinausging.

Wenn Odenathus auf Gallienus und Arminia sah und sie unauffällig beobachtete, wurde er ein bißchen neidisch – er konnte kraft seines Amtes so viele Tussies haben, wie er wollte, doch Liebe war nicht dabei, sowie er sie an den Beiden wahrnahm. Sie zeigten das neuerdings auch ganz unverhohlen, was ihm Bewunderung abnötigte.

Es sind schon Stadtherren gestorben, durch Mord nämlich – das ging ruck-zuck! Mitten aus dem Leben heraus, Odenathus wusste nicht, wie ihm geschah. Gallienus und Arminia waren längst dahin.

ACHTES KAPITEL

Regierungsgeschäfte – nicht immer ganz einfach vom Landsitz aus, aber da sollten die Stadtmenschen in die freie Natur kommen. Diese rümpften zwar die Nase (der relativen Primitivität der Umstände dort), wagten aber nichts gegen ihren Kaiser zu unternehmen. Da musste schon etwas Gravierenderes eintreten als das Banale des Naserümpfens. Dafür waren sie ständig „Gewehr bei Fuß“ hinsichtlich schwerer Verfehlungen – da waren sie permanent zum Aufstand bereit.

Die Revolte gegen den römischen Kaiser hat Tradition: Sie kann verschiedene Formen haben, von direkten militärischen Aufständen, wie dem Bativer-Revolte, bis hin zu Bürgerkriegen innerhalb des Römischen Reiches, wie während der Zeit der Römischen Bürgerkriege. Auch jüdische Aufstände, wie der Bar-Kochba-Erhebung, oder Sklavenaufstände, wie der erste Sklavenkrieg, stellen Formen von Auflehnung gegen die römische Herrschaft dar. Es war tägliches Brot der römischen Machthaber.

Noch kuschten die Berater und sonstige Möchtegern-Revoluzzer. Noch hatte Gallienus sie im Griff, aber er war ständig auf der Hut. Und dabei kam ihm wieder seine markomannische Prinzessin zupass – sie hatte kein Problem damit, wenn ihr einer der potentiellen Umstürzler zu nahe trat, und wenn ich sage nahe, dann meine ich richtig nahe. Selbstredend geschah das mit stillem Einverständnis des Kaisers, der sie schon einmal dazu verwendet hatte, anlässlich der Entlarvung des Alamannenführers.

Arminia war sich nicht zu Schade, auch mit jemand Anderen zu schlafen, wenn es der Sache diente. Sie liebte Gallienus so sehr, dass sie in Kauf genommen hätte, Sex mit völlig fremden Kerlen zu haben. Und da waren nicht nur Häßliche dabei und sie hatte fallweise ihr Vergnügen daran. Erleichternd war, dass sie sich von der bewussten Marketenderin ein Mittel besorgt hatte, das gegen ungewollte Schwangerschaften half.

NEUNTES KAPITEL

Arminia war von Gallienus schwanger, denn bei ihm hatte das bewusste Mittel nicht angewandt. Er freute sich so auf das Kind, dass es eine Freude war, ihm bei dieser Begeisterung zuzusehen. Er machte insgeheim Pläne zu einer neuen Rangordnung: Er würde seine drei bisherigen Söhne enterben und das Kind (welchen Geschlechtes es immer wäre) in der Erbfolge vorziehen. Dieser Entschluss stand für ihn fest.

Als nach circa neun Monaten die Schwangerschaft endete, stellte sich heraus, dass er eine Tochter hatte. Gleich darauf hob er das Recht auf, dass nur männliche Nachkommen in den Genuss des Erbrechts kommen könnten. Ferner galt ab sofort, dass der Erblasser sich willkürlich jeden Wunsch erfüllen konnte.

Ein ungeheuerer Skandal war die Folge – das hatte noch niemals gegeben, dass sich der Monarch über die bisher bestehenden Regeln einfach hinweg setzte. Die üblichen Verdächtigen hatten Oberwasser. Allein Gallienus setzte sich darüber hinweg. Er drohte den Zuwiderhandelten mit dem Exil am Pontus Euxinus (Schwarzes Meer) von wo sie niemals wieder zurückkehren würden. Wie ernst es dem Kaiser war, zeigte sich an einem Delinquenten, der sich der Missachtung dieser neuen Vorschrift schuldig erwiesen hatte und sofort an‘s Schwarze Meer abtransportiert wurde.

Dieser Vorfall hatte ernste Konsequenzen. Das Regiment wurde verschärft, einige
prominente Senatoren und sonstige Berater wurden expediert an nicht so weite Orte wie an den Pontus Euxinus, weit genug aber, dass sie ihm fürderhin nicht gefährlich werden konnten. Und das machte er nur für seine geliebte Arminia.

Das Mädchen wuchs heran. Es hatte unwiederbringliche Schönheit des markomannischen und römischen Erbes, der Mischung aus beiden Elternteilen, geerbt. Mutter und Vater waren ja durchaus adrett, wiesen aber nicht jene paradiesische Anmut auf. Die Klugheit kam von beiden Eltern gleichermaßen.