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AKIKO YAMAMOTO – Leseprobe 3

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Agatha Collins und Akiko Yamamoto privat – das heißt nicht als Schnüffler, sondern ganz intim. Agatha hatte gerade nichts zu tun auf dem P.R.-Sektor und auch in ihrem zweiten Job, der Privatdetektei, war im Moment Ruhe eingekehrt. Sie war nicht besorgt über die Einkünfte – es würde schon wieder ein Auftrag hereinkommen, sie es P.R. oder als Agentin. Akiko war dementsprechend arbeitslos. Sie fuhren von Brighton, wo sich das Zentrum von Agathas Aktivitäten befand, nach London und machten sich einen schönen Tag – oder mehrere. Sie stiegen im vornehmen Malmaison Cheltenham Hotel ab.

Am nächsten Morgen, nicht zu zeitig, und nach einem ausgiebigen Frühstück gingen sie zu Alexander McQueen in der Old Bond Street, um neu einzukleiden. Akiko bekam einen todschicken Hosenanzug in Blau, Agatha gönnte sich ein tolles Kleid. Nach einem kurzen Imbiss in der hoteleigenem Chez Mal Brasserie gingen sie bummeln – dann aber überkam sie das dringende Bedürfnis nach Sex. Sie verzogen sich in ihr Zimmer und trieben es, wie kein Mann es ihnen bieten konnte. Aus der Stunde wurde eine Nacht, die sie im Bett verbrachten. Sie gingen nicht essen, weder im Chez Mal, noch sonst wohin.

Sie frühstückten zuletzt doch noch, und das ausgiebig. Akiko wollte ihren neuen Hosenanzug ausführen, und Agatha notgedrungen ihr neues Kleid. So stolzierten sie dahin, wobei es für Akiko nicht klar war, dass Agatha an sich schon wieder im Bett verschwinden wollte. Und so spazierten in den Hyde Park, wo sie den Redner und Rednerinnen zuhörten – das wurde ihnen bald zu blöd.

„Mir ist langweilig!“, quengelte Akiko. „Mir ebenso!“, sagte Agatha. Und sie beschlossen, abends auszugehen. Nach einem Zwischenstopp im Hotel (den sie dazu benutzten, ihrer frischen Beziehung zu frönen), rougten sie sich auf und machten die Gegend unsicher.

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Was Wunder, dass auf einmal Charlie Collins, der geschiedene Mann von Agatha, illuminiert wie immer, antanzte. Er randalierte herum, dass es nicht zum Anschauen war. Bis er seine Ex-Frau erkannte: „Hey Mädel, wie geht’s? Schon lange nicht gesehen!“ Es war ihr furchtbar peinlich, ihn so zu sehen – wie hatte sie sich nur mit ihm einlassen können, ihn sogar heiraten können, das versoffene Schwein!

„Und wen haben wir denn da? Meine Kirschblüte! Kon’nichiwa!“, lallte er. Akiko strafte ihn mit Verachtung. Agatha sagte: „Gehen wir jetzt!“ Charlie heftete sich an ihre Fersen, aber sie waren rascher, zumal er stolperte und hinfiel. Er rief ihnen Unfreundlichkeiten nach, aber da waren sie schon dahin. Sie gingen in die Disco „Tabu London“, wo der Disc-Jockey sich unter anderem Folgendes auflegte:

Hello Sunshine?
(Lied von Bruce Springsteen)

Had enough of heartbreak and pain?
I had a little sweet spot for the rain?
For the rain and skies of grey?
Hello sunshine, won’t you stay??
You know I always liked my walking shoes?
But you can get a little too fond of the blues?
You walk too far, you walk away?
Hello sunshine, won’t you stay?

Da gab es kein Halten mehr – Agatha und Akiko gingen in ihr Hotel, kaum waren sie auf ihrem Zimmer, gingen sie in‘s Bett miteinander. Als sie ordentlich erschöpft waren, sagte Agatha mit letzter Kraft: „Morgen kaufe ich Dir bei ‚Victoria‘s Secret‘ in der Old Bond Street Reizwäsche, die sich gewaschen hat, anders als Deine funktionale Unterwäsche!“

Am nächsten Tag erwarb Agatha für Akiko die feinsten, edelsten und verführerischen Dessous aller Zeiten – da waren vor allem ein BH, C-String, Hemdchen und Netzstrümpfe. Agatha ging für diesmal leer aus, da ihre Schränke voll waren mit Reizwäsche jeglicher Art. Akiko bedankte sich auf ihre Weise schüchtern, mit einem dahingehauchten Kuss.

Charlie Collins trudelte auf einmal wieder ein, für seine Verhältnisse weniger besoffen als normal – und er war pflegeleicht, das hatte seinen guten Grund, den er nicht verriet. Er war gar nicht sicher, ob er das wirklich erlebt hatte, oder ob er sich nur einbildete. So gar nicht sicher. Er hatte (in seinen Träumen oder in der Realität) jemanden umgebracht. Das Opfer lag aber unzweifelhaft da – daran war nicht zu rütteln.

Das war kein Fall, den Agatha gerne übernehmen wollte…

9

Sie begleitete lieber Akiko zu einem überraschenden Besuch in ihrer alten Heimat, konkret gesagt zu einer Visite bei den Ama-Taucherinnen. Diese waren längst versöhnt, was dem Umstand geschuldet war, dass die Taucherinnen aus der zweiten Reiche (und da gab es mehrere) mittlerweile fast genauso waren wie Akiko. Die Mädels hatten in der Zwischenzeit augenscheinlich emsig geübt, und auf breiterer Basis.

Sie begrüßten ihre Gäste herzlich. Sie berichteten gleich, dass es der Polizei gelungen war, die Verbrecher ausfindig zu machen, und zwar in einer Tokioter Spelunke, von der erfahren hatten, dass Yakuza (denn um solche handelte es sich zweifellos) sie frequentierten. Und da prahlte Einer, dass er die Ama namens Tamiko umgebracht hatte, und Zweiter, dass es ihm Spaß gemacht habe, sie zu malträtieren. Dann klickten die Handschellen. Die Ama-Taucherinnen waren zufrieden, dass die Täter vordergründig geschnappt worden waren, und nicht zufrieden zugleich, dass die Hintermänner dauerhaft in Dunkelheit verharrten.

Die Ama luden zu einem gemeinschaftlichen Essen (wie sie es gewohnt waren) – aus frischen Meeresfrüchten, die sie selbst aus dem Meer holten. Sie verzehrten oft gegrillte Seeigel oder Muscheln, die sie gerade erst gefangen hatten. Mit Agatha und Akiko hatten sie jede Menge Spaß. Dann trübte sich die Stimmung wieder, nämlich Akiko sich nach dem Befinden ihrer Lehrerin Sakura erkundigte.

„Was hat es damit auf sich?“, fragte Agatha. – „Das kann Dir nur unsere frühere Tauchschwester erklären. Wir haben zwar einen bestimmten Verdacht – aber wir wollen und da ‘raushalten!“, antwortete Crew.

„Also, es mittlerweile offensichtlich kein Geheimnis mehr – ich habe mit Sakura ein inniges Verhältnis gehabt!“ – „Ein sehr sehr inniges!“, sagten die übrigen Taucherinnen. „Du hast wie eine Klette an Sakura geklebt!“

„Und was ist dann passiert?“, fragte Agatha neugierig. – „Dann fand sie richtig, sich nach Tokio abzusetzen!“ Die Meinung der Crew war eindeutig. – „Dann wollen nicht daran rütteln!“, sagte Agatha, um die Debatte zu beenden.