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AKIKO YAMAMOTO – Leseprobe 5

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„S.W.P.P.C.“ („Society for Worldwide Private Police Communication“) – jetzt war‘s heraußen.

Die durchaus gefährlichen, manchmal tödlichen Operationen hatten mit privatdetetivischen Aktionen nicht mehr viel zu tun, ja, sie waren in‘s Gegenteil verkehrt und als waghalsig konnotiert. Und als waghalsig konnten Agathas schon gelten – sie riskierte alles, selbst wenn es um‘s Leben ging. Aber das war das Authentische für sie, ohne Wenn und Aber!

So lernte sie einen Agenten kennen, der vom Aussehen her abgrundtief hässlich war – noch ärger war hingegen sein Charakter. Und mit musste sich Agatha einlassen, so richtig einlassen – ihr graute insgeheim, aber was half‘s, sie hatte einen Auftrag zu erfüllen. Hoffentlich klappte das beim ersten Mal…

Weit gefehlt – die erste Anschaffe erwies sich gleich als Rohrkrepierer, trotz ihrer (auch körperlichen) Bemühungen, was ihr nicht leichtfiel, angesichts der „Sonderwünsche“ des „Kunden“. So musste sie sich zum Beispiel spärlich bekleidet zeigen, was nicht das Ärgste war (denn das hatte schon des Öfteren gemacht), aber diesmal stürzte sich ein dichtbehaarter Fettberg auf sie – was ihr den Magen umdrehte. Und das ganz umsonst – das Dossier wurde nicht gefunden. Akiko tröstete ihre Freundin liebevoll und aus tiefstem Herzen. Der Staatssekretär war nebensächlich geworden.

Nach kurzen Trost ging‘s weiter zum nächsten Agenten, den ihnen „S.W.P.P.C.“ genannt hatte. Er war von mildem charakterlichen Wesen innerlich, als auch, was sein äußeres Erscheinungsbild betraf – er war das Gegenteil eines Spions (in der landläufigen Vorstellungswelt). Kurz gesagt, er hatte das Dossier ebenso wenig wie sein fettleibiger Kollege.

Dann wurden die beiden Frauen bei einer Agentin (der dritten von „S.W.P.P.C.“ genannten Adresse) fündig. Die Spionin hatte einem ausländischen Geheimdienst – man geht nicht fehl in der Annahme, dass es sich dabei um den Mossad, den israelischen Auslandsgeheimdienst handelte – fix zugesagt, das File zu übergeben. Dementsprechend verteidigte sie die Beute mit Zähnen und Klauen gegen die Übermacht, die aus Agatha und Akiko bestand.

Da wurden Handkantenschläge und Fußtritte ausgetauscht, wobei die Beiden der Agentin hoffnungslos unterlegen waren. Es kam, wie es kommen musste – Agatha blieb angesichts der Präzision der Treffer tot auf der Strecke.

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Akiko rang mit dem Mut der Verzweiflung die Spionin nieder – sie hatte auch wesentlich mehr Erfahrung fernöstlichen Kampftechniken als ihre Partnerin. Am Ende lag ihre Feindin bewegungslos am Boden – Akiko hätte sie umbringen können, aber sie übergab die Wehrlose den Behörden. Das Dossier war unversehrt!

Dafür aber stand der Staatssekretär im Zentrum der Kritik – er verlor stante pede seinen Job, damit nicht genug: Sein Vermögen wurde eingezogen, samt Stadtwohnung in Kairo und Landhaus in Alexandria, er selbst kam ohne weiteres Verfahren in‘s Gefängnis, und was das bedeutete (wenn man sich‘s nicht richten konnte, wofür ihm die Mittel fehlten), stand auf einem anderen Blatt.

Das war Akiko herzlich gleichgültig – sie betrauerte den Verlust ihrer Geliebten!

Da fiel ihr ein, dass sie sich schon gefühlte Ewigkeiten nicht am Cape Kadowakizaki, bei den anderen Ama-Taucherinnen gezeigt hatte. Sie war auf der Suche nach Frieden und Sicherheit – in der Hoffnung, dass sie dort „Klangaura und Seelentöne“ finden würde. Sie aß mit ihnen ihre einfachen Gerichte, scherzte mit ihnen, hörte sich ihre teilweisen belanglosen Geschichten an und tauchte vor allem mit ihnen, zum Lebensunterhalt und zum Spaß, denn das war ihre große Leidenschaft bis in‘s hohe Alter.

Und dann erschien Sakura plötzlich auf der Bildfläche, so als ob dazwischen nichts geschehen wäre. Die jugendliche zwölfjährige Freundin, Natsuki, hatte sie längst in die Wüste geschickt – das war nur ein Strohfeuer gewesen. Sie bramarbasierte: „Wie ist es Dir in der großen weiten Welt ergangen?“

Akiko dachte, dass das nur eine hohle Phrase, die Sakura da drosch. In Wirklichkeit sagte sie: „Ich habe die Tätigkeit bei der Polizei bald aufgegeben und habe Agatha Collins -“ (hier drückte sie eine unmerkliche Träne herab) „- kennengelernt, eine englische Privatdetektivin! Und dann habe ich mich ihr angeschlossen!“

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Und dann gab es unversehens kein Halten mehr – die alte Vertrautheit zwischen Akiko und Sakura kehrte umgehend wieder!

Das bedeutete nicht, dass Agatha vergessen war – sie hatte einen immerwährenden Platz in Akikos Herzen, aber das Leben ging weiter, noch dazu, wenn Sakura die älteren Rechte hatte. Sie versanken (behutsam) ineinander.

Um halbeins in der Nacht wachten sie auf und hatten einen Mordshunger. Sie stürzten auf die Überreste der Abendmahlzeit, die achtlos stehengeblieben war. Plötzlich überkam Akiko wieder die Trauer über die englische Geliebte und sie verarbeitete das Ganze in einem Gedicht – es war das Erste und das Letzte, was sie jemals geschrieben hatte:

Trauer

Dein Herz sagt ja
Aber dein Kopf sagt nein

Und du bist verwirrt
Im Zweifel

Du willst weinen
Schreie und schreie

Nachdem sich auf diese Weise Luft verschafft hatte, war ihr leichter – und sie wandte sich wieder Sakura zu. Jetzt ohne Hintergedanken…