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AKIKO YAMAMOTO – Leseprobe 6

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Akiko hatte eine – in ihren Augen blendende – Idee. Warum nicht ihr natürliches Talent zum Tauchen nützen! Sakura, die bis jetzt eine Landratte war, musste nur auf Vordermann gebracht werden. Dabei ging es nicht um Höchstleistungen, nein, beileibe nicht, sondern sie musste erst schwimmen lernen – das bedeutete für sie einen langen Weg, der nicht von schlechten Eltern war. Es erforderte von Akiko eine Menge Geduld, die sie bereit war aufzubringen.

Dabei musste sie sich auch selbst ‘ranhalten, denn wenn sie auch das Tauchen nicht verlernen konnte (sowie beispielsweise das Radfahren), war sie doch etwas eingerostet – sie schaffte es, sechzehn Minuten unter Wasser zu bleiben und bis zu einer Tiefe von fünfzehn Metern unten auszuharren. Und so musste Akiko eine Doppelstrategie fahren – nebst ihrem eigenen Wiederaufbauprogamm, was leicht war, Sakuras Von-Grund-auf-Organisationsprogramm, was ungleich schwieriger war.

Sakura war vormittags dran – mit Schwimm- und später Tauchstunden, wobei sie sich gar nicht so unbeholfen an wie ihre Trainerin befürchtet hatte. Wenn sie dazu entschlossen war (und das war sie nun einmal), zog sie das durch. Sie war zumindest eine gelehrige Schülerin, die genau aufpasste – sie hatte der Ehrgeiz gepackt, der sie nicht mehr losließ. Schwimmen eignete sie sich relativ rasch an – das war auch nicht so schwer. Aber sie hatte Schwierigkeiten mit dem Tauchen!

Das Augen-offen-lassen machte ihr Probleme, namentlich im salzigen Meerwasser – das hatte Akiko von Haus aus Haus nie ein Handicap bedeutet. Mehr noch die Angst vor der Tiefe!

Dafür lernte die Yamamoto spezielle Atemtechniken, dafür trainierte sie ihren Körper und ihren Geist. Entscheidend war jedoch am Ende eines: Selbstvertrauen. „Du kannst die beste Technik haben, ohne Selbstvertrauen hilft sie dir nichts“, sagte sie. „Erfolgreich wird nur, wer seinen Möglichkeiten und seinen Fähigkeiten, wer seinem Potential voll vertraut.“

Akiko lernte bald, dass jede Entwicklung auch Risiken mit sich bringt. Um sich weiter zu verbessern, musste sie wortwörtlich einen Sprung in die Dunkelheit wagen. „Zuerst hatte ich Angst“, sagt sie. „Man schwimmt tiefer und tiefer, es wird immer dunkler, bis man selbst nur noch ein Schatten ist.“ Aber allmählich gelang es ihr, die finsteren Tiefen in ihren Spielplatz zu verwandeln. „Angst spüre ich schon noch, ja, aber an der Oberfläche“, sagt sie. „Wenn ich entspanne und mein Gesicht unter Wasser tauche, verschwindet die Angst. Mittlerweile fühle ich mich im Wasser sogar schon wohler als an Land. Es ist wie ein Zuhause für mich geworden.“

Soweit musste Sakura im Endeffekt kommen – andernfalls wurde das nichts…

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Jeweils nachmittags hielt sich Akiko selbst daran – ihre exzessiven Übungen waren stark sexuell geprägt. Denn ansonsten hätte sie das nicht überstanden – sie hätte viel früher an die Oberfläche kommen müssen. Soweit war Sakura keinesfalls, dass sie in die innersten Geheimnisse des Tauchens eingeweiht würde. Lediglich soviel sei ihr für‘s Erste verraten – nur im ausgeatmeten Zustand zu tauchen. Dann fällt es leichter, in größere Tiefen vorzudringen.

Aber da muss man eine eigene, ganz spezielle Technik, eben jene, dass sie notfalls gar nicht mehr hochkommen würde, das war das Risiko, unterstützt durch jene erotische Inklination, die ein Auftauchen buchstäblich nicht mehr notwendig erscheinen ließ. Es war mehr als kompliziert, dieses Konzept – niemand, oder soll man sagen – fast niemand, brachte sich freiwillig in Gefahr. Aber sollte man aussprechen, wie in der Hitze des Orgasmus (und um einen solchen handelte es sich zweifellos) die Sicherungen völlig außer Kraft gesetzt waren.

Egal, soweit war es noch nicht – Akiko bemühte sich, ihre alten Standards wieder zu erreichen. Dass das von heute auf morgen ging, lag auf der Hand. Sie arbeitete hart daran, siebzehn Minuten unter Wasser zu bleiben – dann achtzehn Minuten – dann neunzehn Minuten – dann zwanzig Minuten – ihre momentane Traummarke: dabei ließ sie es aber bewenden. Gleichzeitig strengte sie sich aber an, die Tiefe auszubauen – sechzehn Meter – dann siebzehn Meter – dann achtzehn Meter – dann neunzehn Meter – und sodann zwanzig Meter – ihre absolute Wunschmarke.

Währenddessen hatte sich Sakura auf eine Tiefe drei Metern eingependelt – und sie konnte die Luft fünf Minuten anhalten, wobei den Rat von Akiko befolgte: in ausgeatmeten Zustand verharrte sie. Noch etwas war bemerkenswert – sie tat das mittlerweile mit offenen Augen, so sehr ihre Sehorgane auch brannten. Mit der Zeit (und es währte gar nicht lange) gewöhnte sie sich daran und sie konnte sich wieder voll auf die Dauer ihres Aufenthalts unter Wasser konzentrieren. Bei der Tiefe von drei Metern beließ es Akiko vorläufig.

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Michiko Yamamoto betrachtete Akiko nach wie vor mit gemischten Gefühlen – einerseits war sie stolz auf den Reichtum der Tochter, der aus den Verkäufen der schönsten und größten Perlen herstammte (auf Grund der Tatsache, dass Akiko weiter und tiefer tauchen konnte, als die Übrigen). Anderseits mißgönnte sie der Juniorin, dass sie ihren Gewinn fernab ausgab, anstelle sie in die Gemeinschaftskasse hineinzutun.

Akiko und Sakura ließen sich derlei Überlegungen nicht beirren. Sie genossen ihren Erfolg – die Yamamoto ihren großen und die Takumi ihren kleinen, der aber in ihren Augen wesentlich mehr wert war. Dann aber kosteten die Beiden einen freien Tag – den ersten seit langem – aus.

Und sie redeten über – das Tauchen! Akiko bemerkte: „Ich habe dich verzaubert, weil du mir gehörst! Du solltest besser damit aufhören, was du tust! Pass auf, ich lüge nicht! Ich werde nichts von Deinem faden Beruf annehmen! Ich werde nichts von Dir annehmen und mich herabsetzen! Ich habe dich verzaubert, weil Du mir gehörst, in Ordnung!“

Und nach einer kurzen Pause, während der Sakura ziemlich fassungslos war – bekräftigte Akiko:

„Ich habe dich verzaubert, weil du mir gehörst!“

Sakura begab zu ihrer eigenen Überraschung völlig in die Hand von Akiko, und zwar samt und sonders, und sie fühlte sich nicht schlecht dabei, eher im Gegenteil:Sie gierte neuerdings danach, mehr über das Tauchen zu erfahren, mehr noch in die Geheimnisse dieses Sports, was soll man sagen, dieser Philosophie zu erleben.

Und die Yamamoto tat ihr den Gefallen. Bis die Takumi einigermaßen soweit war…