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AKIKO YAMAMOTO – Leseprobe 10

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Ein volles Programm. Da Akiko auch etwas von ihm haben wollte – nämlich seine Liebe -, gab sie ihm aphrodisierende Mittel wie Austern, Ginseng, Granatapfel, Wassermelone und Champagner ein, alles Stoffe, durch die die Durchblutung fördern und somit die sexuelle Erregung steigern können. Wie gut, dass Lee mit vier oder fünf Stunden Schlaf auskam, jedenfalls wenn sonst keine Belastungen auftraten. Und die gab es sonder Zahl!

Akiko hatte ihn gelehrt, dass er in ausgeatmeten Zustand tauchen sollte (was er bis zu diesem Zeitpunkt noch nie gemacht hatte). Lee begriff bald, dass es viele Vorteile brachte, auf diese Art die Luft anzuhalten (nämlich atemlos). Das hatte den Nutzen, dass er sich nicht damit aufhalten musste, sich in jeder Situation abzumühen, das Gleichgewicht zu stabilisieren. Er war in der Lage, sich in jeder Tiefe frei zu bewegen.

Die Yamamoto dachte sich ständig etwas Neues aus. So kam sie auf die Idee, um drei Uhr morgens, wenn das Publikum garantiert nicht mehr nüchtern war, dass sie Beide völlig hüllenlos vor ihre Zuschauerinnen und Zuschauer hintreten sollten, um die Show zu absolvieren. Jetzt ging es nur um Eines – würde Lee seine Erektion aufrecht halten können. Ja, würde er eine Solche überhaupt haben!

Da legte er seine Badehose ab und sie war überrascht von seiner Männlichkeit – allein die Aussicht auf den bevorstehenden Tauchgang ließ sein Glied anschwellen. Das hatte noch nie beobachtet – weder im Badeslip, noch wenn er nackt im Bett war. Da musste sie häufig nachhelfen, um einen Ständer zu erzielen.

Dann vollzog sich die übliche Routine: Die Augenbinde war angebracht und hoch ging‘s mit ihnen Beiden mittels der bewussten Vorrichtung, die sie die Position an der Wasseroberfläche beförderte. Die weitere Vorgangsweise lief ab wie am Schnürchen – nur dass sie in dem Fall nackt waren. Lee dachte plötzlich an den von ihm geplanten Roman – Arbeitstitel „Sugardating“. Aber dann konzentrierte er sich wieder auf die nächsten Abläufe.

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Sakura Takumi hatte sich nach Ito begeben, einer Ortschaft (wie jeder weiß) nahe dem Cape Kadowakizaki, wo die Ama-Taucherinnen zuhause waren. Der Magistrat suchte händeringend Lehrpersonal und so griff Sakura bereitwillig zu – ihren Rachefeldzug verschob sie auf später. Sie unterrichtete wieder, so als ob in der Zwischenzeit nichts passiert wäre.

Natsuki, die mittlerweile dreizehn Jahre alt war, hatte auf sie gewartet und inzwischen in die Enthaltsamkeit geflüchtet war – von einigen zaghaften Versuchen zur Selbstbefriedigung abgesehen. Das Mädel konnte sein Glück gar nicht fassen – zu groß waren die Befürchtungen des endgültigen Verlusts.

„Wenn ich mich mit Dir erneut einlasse, hat das mit der Schule nicht das geringste zu tun!“, sagte Sakura. „Ich werde genauso streng beurteilen, wie den Rest der Klasse! Nur dass das von vornherein klar ist!“ – Natsuki versprach es hoch und heilig.

Trotzdem war sie selig (um das Wortspiel auf die Spitze zu treiben)! Wenn sie nur ihre Geliebte wieder hatte, war alles in Ordnung. Sakura sah die ganze Angelegenheit schon differenzierter – erstens hatte die Wiederaufnahme des Verhältnisses mit Natsuki die perfekte Tarnung geliefert und zweitens dachte sie nicht daran, ihre Rachepläne aufzugeben. Und Natsuki war – nebenbei gesagt – richtig süß, in ihrer Unschuld, sodass es nicht schwerfiel sie zu lieben.

Notfalls – wenn es nicht anders geht und Akiko wider Erwarten zurückkehren würde – fuhr Sakura eben zweigleisig. Da schien ihre Fantasie mit ihr durchzugehen – denn soweit war es noch lang nicht, dass das Verhältnis andersherum verliefe.

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Im Moment sah es nicht so aus, als das Sakuras Wunsch sich rasch erfüllen würde. Akiko Yamamoto und Lee Stevens waren ein Herz und eine Seele miteinander – er hatte ihr sogar den neuen Roman gewidmet, obwohl das Konvolut bestenfalls in Umrissen vorhanden war. Genauer gesagt, es gab den Titel und die Zueignung („Meiner geliebte Akiko!“) und sonst nichts. Aber Lee würde das schon mit Leben erfüllen – da war er ganz sicher. Er hatte noch nie eine Schreibhemmung gehabt.

Das war sein Hobby – beruflich hatte es ihn in die entferntesten Winkel der Erde verschlagen: Er hatte bis zu seiner Pensionierung als Taucher gearbeitet und war an den gefährlichsten Plätzen eingesetzt worden – zumeist unter Lebensgefahr. Das kitzelte Akiko schrittweise aus ihm heraus, er wollte an seine Vergangenheit möglichst wenig erinnert werden – verständlicherweise, denn da war nichts, auf das man besonders stolz sein konnte. Manchmal – und viel zu oft – den eigenen Tod vor Augen.

Die Yamamoto versuchte, ihn zu trösten.

„Warum habe ich Dir das überhaupt erzählt!“, sagte Lee. – „Weil wir möglichst alles voneinander wissen sollten, mein Geliebter und mein Held!“, antwortete Akiko. – „Dann soll es so sein!“, fasste er einen Entschluss.

Lee gab Akiko einen kurzen Abriss seiner „Heldentaten“. So hatte er bei der Errichtung, Instandhaltung und Abbruch von Wasserbauwerken weit unter der Oberfläche, wo man seine Hand nicht vor den Augen sehen konnte, mitgeholfen – nur durch ein Sicherheitsseil mit dem Außen verbunden. Oder – was besonders gefährlich war – der Einsatz als Minentaucher, wo selbst die Profis vom Militär passen mussten, auf Grund des Risikos, das sonst niemand eingehen wollte. Und er eröffnete Akiko die Tatsache, dass er in seinen besten Zeiten frei getaucht vierzig Meter tief gehen konnte.

„Das ist das Doppelte von dem, was ich schaffe!“, sagte die Yamamoto ehrfürchtig. – „So wird‘s wohl sein – aber das liegt weit zurück!“, versetzte Lee. „Da wirst Du erst schauen, wenn ich Dir sage, dass ich mit voller Ausrüstung (Taucheranzug, Sauerstoffflasche und so weiter) sage und schreibe hundertfünfzig Meter tief tauchen konnte.“