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ÜBER DIE GRENZE – Leseprobe 5

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Jetzt muß man gleichwohl von den Erlebnissen der Sissy Eder mit Claus Tschreppl berichten. Die Eder, eine einfache Praktikantin, aber doch ein raffiniertes Luder, ließ Tschreppl eine ganze Weile zappeln, bis er richtig weichgekocht war. Dann versagte sie sich immer noch bis in‘s Letzte – bis er (der eingefleischte Junggeselle) ihr die Ehe versprach. Dann, so tat sie kund, könnte er alles mit ihr machen.

Gesagt – getan. Sie schleifte ihn in‘s Standesamt, im Trauungssaal im Grazer Rathaus. Sie zog anschließend zu ihm ein, im Grazer Stadtbezirk Jakomini. Und dann ging es ab zu den angekündigten Freuden. Da lernte er Sachen, die ihm als Schwerenöter – der er sich rühmte, sein zu wollen – die Schamröte in‘s Gesicht trieb. Woher hatte die Kleine das her? Dabei ging‘s nicht um praktische Erfahrungen, die sie gemacht hatte – sie hatte sich das nur in den Selbstbefriedigungs-Wachträumen, die sie intensiv besaß, vorgestellt.

Sissy setzte das endlich in die Praxis um – die Erfüllung war mit einem Partner wie Claus umso größer, als er überall gleich mitmachte, ohne jegliches Zögern und Zaudern. Damit war das Maximum an Wohlbehagen erreicht, und zwar für alle Beteiligten – war etwas langsamer bei der Zufriedenstellung ihrer Bedürfnisse, und er, der Claus, wartete geduldig mit dem Höhepunkt, ohne mit der Stimulation aufzuhören. Kein Vergleich zu dem, was er von Wanda gewöhnt war.

Außerdem war Sissy Eder Privatdetektivin, die sich nicht entblödete, selbst eine Hochzeit riskieren, um zu ihrem Ziel zu kommen. Und das war Tschreppl!

Die Firma „Transgourmet“, der Tschreppl vorstand, war nämlich eine Gesellschaft, die in Wirklichkeit der Mafia gehörte, und zwar über „sieben Ecken“. Das Unternehmen lieferte mangelhafte Lebensmittel aus Italien nach Österreich, wo wie durch ein Wunder in erstklassige Ware verwandelt wurde: Fleisch, Gemüse und Obst von unserem südlich Nachbarn zu Topqualität! Und Tschreppl streckte seine Hand – nachdem er durch seine Machinationen genug Geld angehäuft hatte – auch auf die AVL aus, im Sinne der „Diversifizierung“ der Aktivitäten.

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Mittlerweile hatte sich Wiebke Hohmann einen teuflischen Plan ausgeheckt. Sie hatte herausgefunden, wohin die Reisen der Irmgard Krause gingen, nämlich nach Regensburg. In akribischer Kleinarbeit hatte sie das Hotel identifiziert, in dem die Krause abgestiegen war. Es hatte am Vormittag viel Betrieb gegeben, und so war ein Leichtes, in einem vom Personal unbeobachteten Moment, an die Meldedaten heranzukommen.

Da war unter derselben Zimmernummer ein „Adam Maurer“ angegeben – dieser hatte (überflüssigerweise) seine Privatadresse offenbart.

Wiebke zögerte nicht einen Augenblick – sie fuhr nach Graz. Dort traf unter der Anschrift niemanden an – kein Mirakel, da es früher Nachmittag war, und die Bewohner folglich in der Arbeit waren. Sie wartete geduldig, bis jemand auftauchte – und das war Wanda Maurer. Wiebke stürzte auf sie zu.

„Wir kennen einander noch nicht. Trotzdem eröffne ich Ihnen, dass Ihr Mann ein Verhältnis hat!“ – „Das weiß ich längst!“, war die überraschende Antwort.

Die Hohmann fiel aus allen Wolken. Sie zog grußlos wieder ab, ohne mit Adam überhaupt gesprochen zu haben. Das erübrigte sowieso, nachdem Wanda sie so klar abgefertigt hatte. Sie machte sich per Bahn auf die weite Hinfahrt.

Die Maurer was keineswegs so gewiss gewesen, wie sie getan hatte. Doch jetzt war sie mit an Bestimmtheit grenzender Wahrscheinlichkeit sicher, dass ihr Mann sie betrogen hatte beziehungsweise noch betrog. Das Abenteuer mit Tschreppl ließ sie unter den Tisch fallen.

Wanda erwartete die Heimkehr von seinem Arbeitstag schon sehnlich. Sie würde die Hölle heiß machen, sich aber dann versöhnlich zeigen. Mit anschließendem Wiederaufleben ihrer intimen Beziehung.

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Die Eder war vom VW-Konzern beauftragt, diese Machenschaften im Keim zu ersticken – und ganz Anfang stand daher Tschreppl! Sie musste sicher gehen, dass er nichts merkte, und da war die Verehelichung der leichteste Weg – abgesehen davon, dass Claus und sie sich auf der sexuellen Ebene gut verstanden.

Sie konnte Berufliches vom Privaten auf wundersame Weise trennen, auch wenn es sich dabei um denselben Mann handelte – sie war wirklich ein kleines Luder, selbst in jungen Jahren. Sie genoss das Private, während Claus ihr in seinem Liebesrausch mehr oder weniger bereitwillig in seine beruflichen Aktivitäten gab – ja, er war sogar stolz auf irgendwelche Machloikes, mit denen er sich unlauteren Vorteil verschafft hatte. Er sprach relativ offen über seine Beziehung zur Mafia und dass sich er sich anschickte, seine Fänge auch über die AVL auszubreiten.

Und Sissy berichtete intensiv an ihre Klienten, das Organe des VW-Managements.

Dieses tadelte sie dafür, wie sie sich in der Sache hineinhängte, nämlich über Gebühr – sie hätte ihn zum Beispiel nicht gleich heiraten müssen. Das war offensichtlich ihr Privatvergnügen – so argumentierten die Auftraggeber. Auf der anderen Seite gab ihr Erfolg recht. Wie hätten sich diese Resultate so rasch in so kurzer Zeit bewerkstelligen lassen? Der Zweck heiligt die Mittel!

So dachte die Geschäftsleitung mittlerweile – und also Schwamm drüber. Was die „Neun“ nicht wussten, das ging sie nichts an. Sissy kostete ihr privates Vergnügen bis zum Geht-nicht-mehr aus. Sie vögelte mit Claus in jeder erdenklichen Stellung und sämtlichen möglichen und unmöglichen Orten, bis sie ein Kind von ihm bekam.

Das hinderte sie in keiner Weise daran, ihn an‘s Messer zu liefern, wenn sie das Material zusammenhatte. So weit war es noch lange nicht.