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DER IMPERATOR – Leseprobe 15

DREIUNDVIERZIGSTES KAPITEL

Arminia kümmerte sich wieder stärker um Gallienus – unter Zurücknahme der Charity-Aktivitäten (schön gesagt!). Er kam sich richtig vernachlässigt vor (ha, ha!). Im Ernst – er sehnte sich von Herzen nach ihrer barbarischen Wildheit, die sie immer noch nicht abgelegt hatte. Und das war gut so, denn dafür liebte er sie.

Arminia war in letzter Zeit nur zum Umziehen in die Villa gekommen – den Rast verbrachte sie außer Haus, im Weggehen kurz beobachtet von Gallienus, es sei denn, dass er selbst ausging. In immer auffälligeren Toiletten zeigte sie sich, und da konnten es nicht nur karitative Termine die Ursache allein sein – womöglich hatte sie ganz andere (nächtliche?) Dates. Bei diesen mochte es sein, dass sie letztlich ganz nackt dastand. Er hatte neuerdings kein Problem damit, seit er selbst Trost bei seiner Mutter suchte.

Jetzt war es plötzlich anders – jetzt bemühte sie sich auf einmal intensiv um ihn. Ein Sinneswandel? Keineswegs, wenn man ihre bisherige Geschichte berücksichtigte. Nach der Anfangsphase, in der alles Wonne und Waschtrog gewesen war, kam es zu den ersten Reibereien wegen einer Nichtigkeit – was, wussten sie gar nicht mehr. Umgekehrt störte Gallienus weniger, wenn Arminia kümmerte sich wieder um Gallienus ihre Extratouren im Bewusstsein des Staatsganzen unternahm, wobei die Gefahr bestand, dass sie nicht nur mit jemandem schlief (im Sinne des rein physiologischen Vorgangs), sondern sich ernstlich in jemanden verliebte. Arminia fand immer wieder in die Spur zurück.

Gallienus und Arminia hatten jedenfalls ein sehr spezifisches Verhältnis. Sie schliefen sicherheitshalber miteinander – es war eine altbekannte und trotzdem stets neue Beziehung, die niemals endete.

VIERUNDVIERZIGSTES KAPITEL

Arminia war wütend. Sie wollte etwas unternehmen (ein Bis‘chen kopflos zwar) – aber sie ärgerte der Umstand, dass die Perser plötzlich einen höheren Rang einnahmen als die Germanen, maßlos. Waren Germanen schlechter als die Perser?

Arminia reiste in ihre ursprüngliche Heimat. Das sagt sich so leicht, aber es war ungeheuer schwierig, die Barrieren zu überwinden, die sich ihr in den Weg stellten. Das fing bereits bei der Zollkontrolle an – sie musste ihre Identität preisgeben als Frau des Alt-Kaisers. Die Beamten wichen vor ihr ehrfürchtig zurück – so weit reichte der Einfluss von Gallienus also doch noch. Die Zollinspektoren würden es kaum wagen, etwa die Regentin zu verständigen.

Die Fahrt in‘s „Markomannische“ konnte beginnen – sie war auf allein gestellt, das heißt ganz allein war sie nicht: Ihre treue Zofe Alide und der Kutscher Fritigil schlossen sich ihr an (sie hatte bewusst die einzigen Markomannen gewählt, die sie seinerzeit in‘s Römische Reich begleitetet hatten). Die Reise verlief nicht ganz reibungslos – die Straßen der Römer hatten sich in wenig befestigte Fahrwege verwandelt, auf denen sich obskures Gesindel herumtrieb.

Kurze Zeit später tauchte der erste Trupp an Banditen vor ihnen auf. Der Anführer sagte (wenig originell): „Geld oder Leben!“, und als er die Frauen im Inneren des Wagens bemerkte: „Und die Weiber werden vergewaltigt!“

Da stellte sich Arminia aufrecht hin und sagte: „Unser Geld könnt‘ ihr haben, jedenfalls einen Teil davon – aber das Andere lasst ihr besser sein. Ich bin die Prinzessin Arminia, und mein Vater Attalus wird wenig begeistert sein ihr seine Tochter gewaltig!“ Dabei hatte sie Attalus noch im Leben gesehen, wusste nichts über ihn, schon gar nicht sein Alter.

Ein Raunen kam bei den Burschen auf: „Entschuldige, bitte, die Umstände, die wir Dir gemacht haben!“

Und fort waren sie. Der Trick mit ihrer Beziehung zu Attalus hatte gewirkt – der musste ein wirklich toller Hecht sein.

FÜNFUNDVIERZIGSTES KAPITEL

Arminia hatte kurz nach dem Vorfall mit den Banditen Gelegenheit, den „tollen Hecht“ kennenzulernen. Ein Trupp Reiter tauchte auf, prächtig gewandet, und der Prächtigste stieg von seinem Pferd ab. Er näherte sich der Kutsche: „Man hat mir zugetragen…“ – Donnerwetter, das ging schnell!, dachte Arminia – „… dass Du Dich für meine Tochter ausgegeben hast. Na, vom Alter her würde es ungefähr passen – nur dass ich sehr wohl einen Sohn, aber keine Tochter, noch dazu eine so Hübsche!“, fügte er mit einem Lächeln hinzu.

„Ich bin Prinzessin Arminia, die Frau des römischen Kaisers. Mein Vater ist vor längerer Zeit verschollen und da wurde ich durch Umstände, die für‘s erste zu weit führen würden, in‘s Reich verschlagen und bin letztlich auf dem Kaiserthron gelandet!“

„Eine interessante Geschichte…“ – „Die wahr ist!“, warf sie ein. – „… ich zweifle sie gar nicht an! Also – was hast Du mir vorzuschlagen!“

„Nicht hier zwischen Tür und Angel – auf Deiner Burg!“

Auf der Burg wurden Arminia und die Zofe Alide (in dem Fall als Protokollführerin) zunächst bewirtet – die Kaiserin schwelgte in lange vermißten Speisen wie Eintopf, dazu Grütze und Brot, Rindfleisch als Hauptgericht, Käse und Bier. Und anschließend ging es zur Sache.

„Welches Angebot hast Du mir zu machen?“, fragte Attalus.

„Zunächst ein Inoffizielles! Ich wollte nur fragen, ob Du Dir vorstellen könntest, zusammen mit den Franken die Nordgrenze des Reiches abzusichern. Ihr müsstest nur auf eure gelegentlichen Raubzüge in unser Territorium verzichten – im Gegenzug bekommt ihr vom Staat eine Apanage und von Privaten eine Intensivierung der Handelsbeziehungen!“

„Wo bleibt die Ehre, im Kampf gegen euch gesiegt zu haben!“, insistierte er.

„Da werdet ihr kein Glück haben – im Süden grenzt das Reich an die Wüste, im Westen, namentlich in der Provinz Britannia, ist alles ruhig. Das heißt, wir können alle unsere Kräfte nach Norden richten – und da seid ihr: Raubzüge ade!“, sagte Arminia.

Damit war Attalus überzeugt. Er würde mit den Franken reden. Arminia kehrte auf schnellsten in ihr Landhaus zurück, um brühwarm Gallienus zu berichten – blieb nur die Hoffnung, dass Livia diesem Deal zustimmen würde.