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DER IMPERATOR – Leseprobe 18

ZWEIUNDFÜNFZIGSTES KAPITEL

Livius hatte urplötzlich die Idee, den Tempel von Delphi zu besuchen – ein berühmtes Heiligtum, das dem Gott Apollo gewidmet war. Es lag in der griechischen Provinz Achaea, ungefähr 100 Kilometer nördlich von Athen. Was ursprünglich zur Erbauung gedacht war, entwickelte sich zu einem Krimi der Sonderklasse.

Kaum angekommen, wurde er entführt und an einen unbekannten Ort verbracht. Und, was das Wesentliche war, dass die Identität von Livius kein Geheimnis bedeutete. Der Prinzgemahl wurde von einer Frühform der Mafia gekapert! Die Entführer blieben unsichtbar und blieben es auch weiterhin. Sie fühlten sich offenbar sehr sicher.

Er konnte den Luxus genießen, solange er noch etwas wert war – das heißt, solange kein Lösegeld (die Rede war von 15 Millionen Sesterzen) am Tisch lag. Und war nebst geforderten Summe der Hauptpunkt – wo und in welcher Form sollte die „Maut“ übergeben werden?

Daneben wurde die Suche nach Livius fortgesetzt – unter den denkbar schlechtesten Voraussetzungen. Er konnte noch in der Provinz Achaea festgehalten werden, er konnte sich aber auch ganz woanders aufhalten. Das Römische Reich war sattsam riesig – dafür hatten die Vorfahren der heutigen Römer gesorgt.

Die ominöse Villa, in der sich Livius aufhielt, war mit allen Schikanen – es gab sogar ein schlüpfriges Unterhaltungsprogramm, bei dem drei nackte Sklavinnen der „Erbauung“ des Gefangenen dienten. Bei einer der Drei konnte er sich nicht zurückhalten, er vernaschte sie. Sie machte alles, was Livius wollte, aber seelenlos – wie es sich von einer guten Sklavin gehörte. Sie erinnerte ihn an Livia, nicht annähernd von der bezaubernden Schönheit her, aber doch.

Und dann ein Bauer vorbei, der immer alles brachte, was notwendig war. Er schaute sich um, beobachtete die drei Grazien mit Wohlgefallen und stieß schließlich auf Livius.

Dieser sagte: „Kannst Du mich von hier wegholen? Ich werde nämlich an diesem Ort festgehalten! Es wird Dein Schaden nicht sein!“

Die Villa lag in der Provinz Achaea, ganz in der Nähe von Delphi. Und dann ging alles ganz schnell: Die örtlichen Polizeibehörden nahmen die Entführer lückenlos fest – die allfälligen Hintermänner wurden nie gefunden. Der Bauer ging reich beschenkt von dannen.

Der Prinzgemahl tauchte in Rom wieder auf. Er war von den Vorwürfen genervt, die ihm Livia machte, ohne dass sie auf sein Befinden näher einzugegangen wäre.

DREIUNDFÜNFZIGSTES KAPITEL

Gallienus betrauerte seine Mutter, die nebenher seine Geliebte war – aber das durfte niemand, nicht einmal wenn er gefoltert werde, wissen. Er dachte nur vage an seine Kindheit – zu groß war der Eindruck, den spätere Genüsse überlagert hatten. Er hatte sich diese inzestuöse Beziehung lange nicht eingestanden, hatte allenfalls in seinen Träumen darauf spekuliert.

Bis dann Egnatia Mariniana – er nannte sie bewusst so, um nur ja den Gedanken an sie als Mutter zu verbannen – eine Avance machte. Da fiel ihm ein Stein von Herzen und er ließ sich auf die Liaison mit ihr ein. Und jetzt riefen die Erinnerung in Form eines Flashbacks wach – aber nicht nur, was die jüngsten Ereignisse (als Erwachsener) betrifft, sondern viel früher. Gallienus dachte ein Erlebnis, das er im Alter von zehn oder zwölf mit seiner Mutter gehabt hatte.

Da hatte sie unverhohlen mit seinem Penis gespielt und – als das Glied in seiner frühkindlichen Pracht emporstand – und es sich zum Spaß eingeführt. Es war heiß, im Hochsommer war es und seine Mutter und ihr Sohn waren nackt, wie die Götter sie schufen. Er hatte auf Wiederholung dieses für ihn fesselnden Vorgangs, aber Egnatia verweigerte (unter Hinweis darauf, dass sich das nicht gehöre) sich selbst und ihrem Sprössling die Fortsetzung.

Wenn Gallienus an seine weitere Entwicklung – mit seiner Frau Salonina und den drei Kindern (und seine zahllosen Gespielinnen) – dachte, hatte er in Wirklichkeit nur Egnatia im Sinn. Bis dann eine markomannische Prinzessin den Vorgang überlagert hatte. Dann kümmerte er sich nicht um die Mutter – bis, ja bis die völlig verrückte Idee heranreifte, die Haut des Vaters aus einem Tempel in Persepolis zu stehlen. Egnatia wollte er die Genugtuung geben, hautnah dabei zu sein.

Dann, nach der erfolgreichen Rückkehr, ging das Verhältnis streng geheim wieder los – in unregelmäßigen Abständen, immer dann, wenn Arminia in Sachen „Charity“ unterwegs war, und das war oft, viel zu oft.

Jetzt war Egnatia tot. Und Gallienus hatte einen wichtigen Bezugspunkt seines Lebens verloren.

VIERUNDFÜNFZIGSTES KAPITEL

Gallienus und Arminia zogen sich auf‘s Altenteil zurück – unter Verzicht auf die Würde als Kaiser und Kaiserin. Livia, als neue Monarchin, war Feuer und Flamme für die Idee, Lara als zukünftige Kaiserin einzusetzen, und nicht Felix, den sie, wie ihre Eltern als total ungeeignet für den Job – bei aller Liebe, die sie ihm persönlich entgegenbrachte.

Er war ihr Lieblingssparringspartner, auch wenn er von seiner „Kampfmaschine“ einiges einstecken musste. Er stellte gern zur Verfügung, um zu verhindern, dass ein Anderer sie herankam – das war ihm schon einen blauen Fleck wert. Lara und Felix liebten sich von Herzen, wie das nur unter Zwillingen der Fall war – Außenstehende waren von Vorhinein abgemeldet.

Das ging sogar soweit, dass jeder fremde Geschlechtspartner (ob Mann oder Frau) auf lange Sicht das Nachsehen hatte. Das traf insbesondere auf das Sex-Leben zwischen ihnen Beiden zu – sie hatten im zarten Alter schon ausprobiert. Während Felix jeder Beziehung zu einer Frau peinlichst aus dem Weg ging, hatte er bei seiner Schwester eine Ausnahme gemacht – und es hatte sie tief befriedigt.

Warum ihr gelegentliches Verhältnis nicht in was Dauerhaftes verwandeln?

Die Alten würden nichts merken, da sie ohnedies die ganze Zeit zusammen waren – nur würde ihr Zusammensein eine andere Dimension verwandeln, von der nur sie wussten. Livia und Livius hatten momentan andere Sorgen – die Unterstützunqg, die sie zumindest nominell noch von Gallienus (und auch von Arminia) erhalten hatten, fiel jetzt endgültig weg.

„Zeige, was Du kannst!“, sagte der Vater zu Livia, ein bis‘chen skeptisch, ohne ihr das Gefühl zu geben, dass sie‘s nicht schaffen würde. „Ich bin schon ein wenig müde -“ – er korrigierte sich – „- wir sind schon ein wenig müde geworden!“