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DER IMPERATOR – Leseprobe 5

DREIZEHNTES KAPITEL

Staatsstreich („Rei publicae eversio“) gegen Gallienus – aber vergeblich. Er ließ die Rädelsführer verhaften und vor sich antreten. Es waren fünf an der Zahl, nicht gerechnet die Dunkelziffer an Verdächtigen. Arminia hatte auch hier die Hand im Spiel (entgegen ihrer Skrupel), in dem sie den Männern schöne Augen gemacht hatte und vorgab, insgeheim auf ihrer Seite zu stehen. Mit einem der Kerle war sie sogar in‘s Bett gegangen – im Einverständnis mit Gallienus, der ihr blind vertraute – warum nur, das war hier die ungelöste Frage?

Arminia hatte in den Typen verliebt, ein wenig zwar nur, aber immerhin. Er sah hervorragend aus und war jung, wesentlich jünger als sie. Sie entsprach noch immer dem exotischen Flair, in das Gallienus seinerzeit verfallen war – sie in gewisser Weise zeitlos!

Vielleicht war diese Beständigkeit, die der Kaiser – trotz mancher Fehler, die er zweifellos hatte – ausstrahlte. Vielleicht war es schlicht und einfach Faulheit, die sie daran hinderte, eine ernsthafte Beziehungsweise jenseits von Gallienus einzugehen. Einerlei, jetzt saß ihrem Galan (und den restlichen vier jungen Verschwörern) gegenüber, kalt lächelnd, während der Kaiser das große Wort führte: „Was ist Euch da eingefallen, dass Ihr eine Rebellion gegen mich gestartet habt?“

Die Delinquenten schwiegen eisern. Gallienus befahl, sie in die Folterkammer zu führen und dort ihrem Schicksal zu überlassen. Arminias „Geliebter“ verabschiedete sich stumm von ihr – eine Frage brannte auf seinen Lippen, aber er wagte nicht, sie auszusprechen.

Die Fünf gaben schließlich unter der Marter zu, dass sie im Auftrag von Abweichlern in den höchsten Kreisen gehandelt hatten. Mehr war dazu nicht herauszubekommen, da ein Krug mit anonymen Münzen hinterlegt worden sei – sie hätten ihn nur abgeholt. Die wahren Auftraggeber blieben daher im Dunkeln. Die fünf Delinquenten wurden hingerichtet – sie mochten, nach all der Folter, den Tod als Erlösung empfunden haben.

VIERZEHNTES KAPITEL

Livia war längst geschlechtsreif – mit circa zwölf Jahren war es soweit, dass die Mehrheit der Mädchen bereits an eine Hochzeit dachten, nicht freiwillig, sie wurden durch ihre Familie verheiratet. Nicht so Livia, sie beschloss ohne Zutun von Vater und Mutter, Single zu bleiben und ihre Studien mit einem Privatlehrer fortzusetzen.

Der arme Lehrer (sein Name war übrigens Quintus) – er verschlang Livia mit seinen Blicken, sodass an Studieren gar nicht zu denken war. Livia tat ein übriges, indem sie sich aufreizend kleidete – sie hatte das Strophium, das Brustband, und das Subligaculum, den Unterteil, weggelassen und in der kurzen Tunica da. Ein Anblick für Götter!

Quintus konnte nicht an sich halten – er musste etwas tun, irgendetwas. Livia reizte, und sie reizte ihn bis auf‘s Blut. Quintus sabberte. „Immer langsam, Legionär, wir haben jede Zeit der Welt!“, sagte sie. „Du kommst schon noch zu Deinem Schuss!“

Sie hatte sich längst von der bewussten Marketenderin per Eilpost das bewusste Pulver besorgt. Das nahm sie vorsorglich ein und dann stand einem gepflegten Geschlechtsakt nichts mehr im Weg, das heißt ganz so gepflegt ging es bei den Beiden nicht zu – es war ziemlich wild. Woher Livia diese Ausdauer hernahm, war zunächst unklar – es musste wohl ein Erbstück der Mutter sein. Der Vater, an sich kein Kind von Traurigkeit, hatte zuviel Staatsmännisches im Sinn, als dass er sich voll auf‘s Wesentliche konzentrieren konnte.

Sie forderte Quintus ein zweites Mal, worauf er komplett fertig war. Mit ihm war heute nichts mehr anzufangen. Geschweige denn, wenn es darum ging, mathematische Probleme zu lösen.

FÜNFZEHNTES KAPITEL

Der Druck nahm immer mehr zu, auf Gallienus (und auf Arminia). Sie wagten sich nur sehr eingeschränkt auf die Straßen Roms – das galt nicht für Livia, die frech durch die Gegend marschierte beziehungsweise sich mit der Sänfte tragen ließ. Ihr mochte man vieles verzeihen, weil sie außerordentlich schön war. Außerdem war sie keinesfalls auf den Mund gefallen.

Sie schimpfte fallweise im ärgsten Slang, der ihr zu Gebote stand – wo sie das herhatte, wussten die Eltern nicht. Die Vermutung der Alten war, dass sie sich in übel beleumdeten Kneipen herumtrieb, wo sie sich mit dem Würfelspiel vergnügte – oder etwas Ärgeres, was die alten Herrschaften gar nicht wissen wollten. Sie wagten neuerdings nicht mehr, Livia zu maßregeln, da man sich nicht sicher sein konnte über ihre Reaktion. „Ich bin schließlich die Kronprinzessin!“, sagte sie hoheitsvoll.

Komischerweise spielte es keine Rolle, wenn Arminia aus Staatsraison irgendetwas tat, was nicht koscher war. Seine Frau, immerhin eine markomannische Adelige, war sich nicht zu gut dafür, was Gallienus vorhatte – aber seine Tochter versuchte er herauszuhalten. Deswegen war auch so wütend, auch weil es nicht um andere Erwägungen ging (etwa moralischen Gesetzen), sondern um private Vergnügungen seiner Juniorin, bei denen sie gerne über die Stränge schlug. Und das war noch milde ausgedrückt.

Seine Wut richtete sich auch gegen Arminia, weil sie ihm nicht stärker unterstützt hatte – was erwiesener Massen nicht stimmte. Aber er war aufgebracht – das musste sich entladen, die Tochter war tabu, nachdem er sich die Zähne ausgebissen hatte, und so nahm seine zweite Frau als Blitzableiter.

Die ließ sich das, um des lieben Willens, gefallen…