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LEBENDE SCHAUFENSTERPÜPPCHEN

Als Yasmin noch sehr klein war, besuchte sie – mit ihrer Schwester Yvette – den Vater manchmal in seinem Damenmodengeschäft. In diesem Laden gab es mehrere Angestellte, und eine davon beeindruckte die Beiden speziell, mit ihren schwarzen Lockenwickler-Locken und ihren tiefroten Fingernägeln. Grazia Patrizia hieß sie, sie lachte gern und erlaubte ihnen fast alles.

Einmal durften Yasmin und Yvette sich sogar verkleiden – sie hängten sich jede Menge Modeschmuck um den Hals und stellten sich als lebendige Schaufensterpüppchen in die Auslage. Das faszinierte sie ungemein. Während die Jüngere der Beiden, nämlich Yvette, es dabei bewenden ließ und sich dem momentanen Vergnügen hingab und weiter war da nichts, reifte in Yasmin der langfristige Plan einer beruflichen Zukunft heran. Sie wusste keineswegs, wo das enden würde und die konkrete Ausgestaltung dieses Gedankens war denkbar nebulös. Immerhin war der Ausgangspunk geschaffen…

Zunächst war die jahrelange Schulbildung angesagt. Yasmin stand erst am Anfang des Lernens. Zum Glück tat sie sich leicht, überleicht – sie musste, abgesehen von den Hausübungen, nichts büffeln. Allein die Anwesenheit in der Stunde reichte. So blieb ihr genügend, ihrem „Hobby“ nachzugehen: Die Darstellung als „Tableau vivant“ durch eine lebende Person. Sie wusste noch nichts von der Theorie, die dahinter steckte – sie betraf im Moment nur die Kunst des Stillhaltens.

Nachdem Yasmin älter wurde und sich ihre Formen deutlich abbildeten, blieb es nicht so harmlos. Als sie sich erstmals das Honigtöpfchen eincremte (um es so liebevoll auszudrücken), trat noch etwas Anderes hinzu – die Selbstbefriedigung, die sie in Maßen, aber doch anwandte, um sich erleichtern. Zusammen mit dem Stillhalten ergab sich ein merkwürdiges Spannungsfeld zum extensiven Gedöns der Masturbation, das sie auflöste, dadurch dass sie den Höhepunkt hinauszögerte.

Dann aber entlud die Unrast in einem gigantischen Orgasmus.

Und, nachdem sich Yasmin etwas beruhig hatte, zog ihre restliche Kleidung aus und betrachte ihren kindlichen Körper, der an der Grenze zum Erblühen stand. Sie sah, dass sie sehr gut ausschaute – zum ersten Mal in ihrem Leben gestand sie sich das ohne weiteres ein. Sie wollte ihre Physis künftig bewusst einsetzen – sie war ihre einziges offensichtliches Kapital, abgesehen von ihrer Klugheit, aber die behielt sie für sich.

Als sie mit sechzehn Jahren durch Sondererlaubnis die Matura bestand, war sie eine vollentwickelte wunderschöne Frau, die sich ihrer physischen Vorzüge wohl bewusst schien. Sie strebte eine Karriere im Show-Geschäft an. Die Eltern waren nicht begeistert – Vater und Mutter verboten ihr geradezu, in die Vergnügungsindustrie einzusteigen, zumal sie eine ungefähre Vorstellung davon hatten, was die Tochter plante.

Grazia Patrizia, die mittlerweile eine Dame von circa sechzig Jahren war, aber sich noch immer nach nach dem letzten Chic kleidete, war entzückt über diese Idee. Sie bestärkte in ihrem Vorhaben. Da war sie unten durch bei den Eltern – diese schickten sie umgehend in Pension, das Alter hatte sie ja. Sie traf sich weiter privat „mit ihrer Mentorin“, die sie verstärkt unterstützte, moralisch und finanziell – das vor allem, denn die Erziehungsberechtigten hatten ihr den Geldhahn zugedreht. Sie musste sich bis zum achtzehnten Geburtstag gedulden.

Yasmin begann ein Studium der Germanistik – alibi-halber. Sie war sehr wenig in Vorlesungen zu sehen, daher häufiger in den Cafés neben der Hauptuniversität in Wien. Dort ließ sie sich gerne auf einen Kaffee einladen und auf mehr, wenn ihr ein Mann sympathisch war.

Damit nicht genug: Sie veranstaltete bei den „Sympathen“ die Versteigerung ihrer Jungfräulichkeit. Den Zuschlag bekam ein zufällig anwesender Impresario, der mit Geld nur so um sich warf – ein Glücksfall für Yasmin, die ihre Unschuld teuer verkaufen wollte. Er lud in sein Appartement ein, um ihr den Verlust so angenehm wie möglich zu machen. Übrigens – sein Name war Alexander (der Große, was bezüglich seiner physischen Ausstattung nicht übertrieben war).

Er war recht zärtlich zu Yasmin, zumindest am Beginn der Aktion, dann immer schneller und wilder, bis der Liebesakt in einem Allegro furioso endete. Dann fühlte sich Yasmin so richtig lebendig – und, Hand auf‘s Herz, es gibt schlimmere Erfahrungen beim ersten Mal, wie das soeben Erlebte.

Der Impresario bot sich an, bei ihrem beruflichen Anfang zu helfen – er stellte aber bei einem Blick auf ihren Personalausweis fest, dass sie erst in eineinhalb Jahren großjährig werden würde. „Kein Problem!“, sagte er. „Dann wirst Du eben im Rahmen einer Privatvorstellung Deine Kunst, wenn es denn eine ist, zeigen!“

Yasmin ergriff die Chance, die Alexander ihr offerierte, und machte das Beste daraus. Sie war gelöst, wie selten zuvor, und spulte ihr Programm ab – zum erste Mal komplett. Sie begann, ohne dass sie sich rührte – war vollkommen starr. Bis sie aus ihrer Trance erwachte, sich ihrer roten Robe entledigte. Darunter kam ein kurzes schwarzes Kleid zum Vorschein, und sie erstarrte wieder für eine Weile. Dann zog sie das Fähnchen aus und darunter hatte sie einen schwarzen BH, einen schwarzen String und schwarze halterlose Strümpfe an. Sie erstarrte abermals für eine lange Zeit.

Dann schälte sie sich aus ihrem Unterzeug. Sie versteinerte sich wieder. Sie war wie tot.

Wäre da nicht ein Orgasmus gewesen, der sie langsam aufwachen ließ und der Platz grief. Sie stürzte auf unsanft auf den Boden, wo sie konvulsivisch zuckte. Im Vollgefühl ihrer Anfälle hatte sie keinerlei Hemmung mehr. Sie war tief befriedigt. Alexander sparte nicht mit Applaus – man würde die Zeit von Yasmins Großjährigkeit auch überbrücken. Die Performance würde sich ebenfalls halten – sie war zeitlos!

Warum eigentlich warten? Der Impresario ließ sich einen Termin bei Yasmin Eltern, Katrina und Andreas Burkhard, geben. Er schilderte in den leuchtenden Farben das Talent ihrer Tochter zum „Tableau vivant“, das er groß herausbringen wollte. Dabei verschwieg er ihnen so manches Detail, vor allem die Tatsache, das Yasmin am Ende nackt war.

Die Eltern waren überfahren und unterschrieben den Vertrag – insbesondere Katrina war vom Charme Alexanders total überwältigt. Die Tochter würde nicht unter ihrem richtigen Namen auftreten, sondern als „Miss Tableau Vivant“, was wesentlich zur Beruhigung beitrug. Außerdem würde sie stark geschminkt und in der Form weiter unkenntlich gemacht sein.

Warum eigentlich warten? Der Impresario ließ sich einen Termin bei Yasmin Eltern, Katrina und Andreas Burkhard, geben. Er schilderte in den leuchtenden Farben das Talent ihrer Tochter zum „Tableau vivant“, das er groß herausbringen wollte. Dabei verschwieg er ihnen so manches Detail, vor allem die Tatsache, das Yasmin am Ende nackt war. Das schon gar nicht.?
Die Eltern waren überfahren und unterschrieben den Vertrag – insbesondere Katrina war vom Charme Alexanders total überwältigt. Die Tochter würde nicht unter ihrem richtigen Namen auftreten, sondern als „Miss Tableau Vivant“, was wesentlich zur Beruhigung beitrug. Außerdem würde sie stark geschminkt und in der Form weiter unkenntlich gemacht sein.

Bei ihrem ersten öffentlichen Gig in einer Bar in der Wiener Innenstadt (namens „Zum Bunten Kakadu“) war die Creme de la Creme eingeladen, zusammengetrommelt vom Impresario. Auch Grazia Patrizia war anwesend, genauso wie ihre Schwester Yvette, der die Mentorin eingeschärft hatte, nichts den Eltern zu verraten, zumindest nicht jede Einzelheit. Katrina und Andreas Burkhard waren (fast möchte man sagen: selbstverständlich) nicht zugegen.

Der Erfolg war überwältigend. Das Publikum schrie die Seele aus dem Leib: „Zugabe! Zugabe!“

Yasmin ließ sich zu einem Gimmick hinreißen. Die Bühne befand sich inmitten der Tische, das heißt sie waren von überall gleich einsehbar. Da verharrte sie vollkommen regungslos in ihrer Hüllenlosigkeit, mehrere Minuten lang. Den Orgasmus sparte sie sich für intimere Zwecke auf.

Was aus der kindlichen, eher naiven Vorstellung geworden war? Eine ausgeklügelte, spontan gestaltete, effektvolle Performance einer Künstlerin!