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ÜBER DIE GRENZE – Leseprobe 2

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Irmgard und Adam trafen sich circa auf halben Weg zwischen Wolfsburg und Graz in Regensburg im „Hotel Orphée“, wo sie sich ein Zimmer teilten. Sie waren so aufgeregt, dass sie kaum ein Wort hervorbrachten. Dafür verschlangen sie sich gegenseitig mit Blicken, zunächst ohne sich zu berühren. Sie schauten sich direkt in die Augen – eine Viertelstunde und mehr lang. Es kam ihnen so vor, wie wenn sie in ihren Seelen lesen würden.

Dann endlich nahmen sie den Rest ihrer Gestalten – außer den Augen – wieder wahr. Sie küssten sich, verschwendeten ihre Gedanken an jegliche Mahlzeit, sei es Frühstück, Mittagsmahl oder Abendbrot – erst als sie total ausgehungert waren, stopften sie Einiges in sich hinein, sie wussten nicht, was es war.

Das war anders als sie Beide es sich vorgestellt hatten – statt gepflegte Unterhaltung purer Sex in reinster Ausprägung. Nur Sex!

Vielleicht das nächste Mal, wenn es ein nächstes Mal gäbe – sie hofften es inständig. Und dann gab es noch die Sehenswürdigkeiten der Stadt zu bestaunen: – Schottenkirche St. Jakob: Diese versteckt liegende Kirche ist ein Juwel des Mittelalters und besticht durch ihre detailreiche Nordwand mit dem Schmuckportal, das eine Darstellung des Jüngsten Gerichts zeigt. – Stadtmaus Regensburg: Ein interaktives Erlebnis, das die Stadtentwicklung und die Geschichte des Lebens in der Stadt thematisiert. – Roter Herzfleck: Eine kunstvolle Installation im öffentlichen Raum, die zum Nachdenken über die Bedeutung von Herz und Heimat anregt. – Kunstprojekt Stadtzeit – Zeitstadt: Dieses Kunstprojekt beleuchtet die verschiedenen Epochen der Stadtgeschichte.

Da hatten sie sich einiges vorgenommen für ihren nächsten Besuch von Regensburg – so er überhaupt stattfand.

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Die Beiden kehrten zurück – jeder zu sich nach Hause. Irmgard – daheim in Wolfsburg – ließ sich wieder mit Kai ein, dieser wartete schon. Aber sie war neuerdings gleisnerisch, heuchlerisch – was einer Frau leichter fällt als einem Mann. Und der Armleuchter (O-Ton Irmgard) fiel ihr prompt hinein, auch wegen des früher bestehendem Vertrauensverhältnisses.

Es ging ihm vor allem darum, seinen Schwanz irgendwo unterzubringen und wenn er keinen Widerstand spürte (oder zu spüren glaubte), trieb er sein Glied mehr und weniger ungehindert in Irmgards Scheide, auch auf Grund des Vertrauensverhältnisses. Der Krause war es ab einem gewissen Grad der Erregung gleichgültig, von wem sie penetriert wurde. Und so fanden die Zwei wieder zusammen, wenigstens für den Moment. Irrational, aber typisch menschlich.

Adam wiederum – daheim in Graz – umarmte herzlich seine Wanda, die völlig arglos war bezüglich seines Ausflugs nach Nirgendwo. So genau wollte sie das gar nicht wissen – Hauptsache, er war abermals zurück, dorthin, wo er zuständig war. Er tat sich (im Gegensatz zu Kai, der allenthalben konnte, und im Gegensatz zu seinen früheren eigenen Techtelmechteln, bei denen es nur darum gegangen war, ihn irgendwo hineinzustecken) mit Wanda schwer, sie derart respektlos zu behandeln.

Er hatte die größte Achtung vor ihrer Naivität, so merkwürdig das auch klingen mag – und er hatte ihr seinerzeit die Ehe versprochen, ohne Wenn und Aber, das hatte sich nicht geändert, bis auf ein paar Modifikationen, die sich gerade in letzter Zeit ergeben hatten. Am „Wenn und Aber“ hatte sich nichts geändert – er wollte von Wanda sich nicht scheiden lassen. Wenn auch Irmgard was ganz Anderes im Sinne gehabt hätte.

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Irmgard dachte passenderweise genau wie Adam. Nur keine Scheidung, nur keine unüberbrückbaren Hindernisse, die einem einfachen Quatschen und dem fallweisen Geschlechtsverkehr in Wege stehen würden. Was gab es Schöneres, als in einer festen Beziehung zu leben, mit der Option, ganz zwischendurch auch ein Liebesabenteuer zu riskieren, von dem niemand etwas wusste.

Das war aber der springende Punkt – neuerdings konzentrierte sich das Interesse auf nur eine Person (nämlich Irmgard und Adam). Dar war ganz schlecht, denn dann waren unkontrollierbare Gefühle im Spiel, die der Idee eines zufälligen Flirts diametral widersprachen.

Nicht so bei nächster Gelegenheit – da waren keine diesbezüglichen Aktivitäten zwischen Wolfsburg und Graz geplant. Schließlich mussten sie Beide noch ihrer Arbeit nachgehen – und das war gar nicht so einfach im Falle der Krause, die ein doch nicht so kleines Aufgabengebiet verantwortete, oder im Fall des Maurer, der sich speziell auf ganz komplizierte buchhalterische Probleme eingeschossen hatte.

Irmgard hatte gerade eine besonders heikle Angelegenheit zu lösen, die mit einer Mitarbeiterin zusammenhing. Diese – eine extreme Querulantin, die sie sich um alles kümmerte, nur nicht um ihre eigentliche Tätigkeit – hatte von irgendwoher von der eigenwilligen Beziehung erfahren, die mit Krause verband. Damit waren ihre Tage im Unternehmen gezählt. Die Krause musste nur noch einen Grund finden zu entlassen. Die Meckerziege konnte ohnehin niemand leiden – und es rückte auch kein Mensch zu ihrer Verteidigung aus. An ihrem letzten Arbeitstag konnte sie nur rufen: „Das wird euch noch leidtun!“

Adam wiederum deckte eine Unregelmäßigkeit in den Büchern auf, in die Teile des Managements verwickelt waren. Auch hier – wie bei Irmgard – äußerst heikle Chose, die ihm den Kopf kosten könnte, denn es stand Aussage gegen Aussage. Wenn ihm der Firmenchef geglaubt haben würde, wäre er geliefert. Aber da hielt sich der oberste „Führer“ schon eher an die Erfahrung eines Buchhaltungsprofis gegenüber einem Verantwortlichen für den Einkauf – bei diesem ging es hier: Um die „Unebenheit“, mit der Mann das Unternehmen bescheißen wollte.