AKIKO YAMAMOTO – Leseprobe 13
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Sakura hatte endlich den passenden Striptease-Club gefunden – den „Tantra Tokyo“! Er vereinigt das Jugendalter (hier durften schon Dreizehnjährige ihre Kunst zeigen, wenn sie nur einigermaßen entwickelt waren) mit der vollständigen Entblößung der Stripperinnen (das war überhaupt die Grundvoraussetzung gewesen). Die Eltern waren – wie könnte es anders sein – einverstanden.
Wie alles, was die Takumi verfügte, fand auch das den Konsens von Vater und Mutter. Derweil hatte schon intensives Bauchweh bei Sakura selbst ausgelöst – sie wollte die Schülerin nicht verlieren, zumal sie nach Ito zurückmusste. Den Eltern war der weitere Bildungsweg ihrer Tochter plötzlich egal – allerdings hatten finanzielle Überlegungen bei der Entscheidung eine nicht unbedeutende Rolle gespielt.
Da Natsuki mit mittlerweile vierzehn Jahren noch in der Obhut der Eltern befand, baten die reichen alten Herrschaften Sakura, ihre Tochter als Anstandswauwau zu begleiten. Das war natürlich keine einfache Sache – einerseits wollte die Lehrerin den Rest der Klasse nicht im Stich lassen, andererseits wollte sie die Schülerin (und explizit nicht als Elevin) nicht allein ziehen lassen. Sie hatte in Wirklichkeit keine anderen Optionen – sie begleitete Natsuki.
Erste Aufführung – Natsuki war denkbar aufgeregt. Das hatte sie anders vorgestellt – eine hungrige Meute von lauter geilen Menschen, und sage ich: Männern!
Das hatte sie einfacher gedacht, aber sie musste da durch. Sie biss die Zähne zusammen – schaffte es sogar zu lächeln. Und dann den ganzen Canon der Entkleidungskunst: Sie schälte sich Schicht für Schicht aus ihren Klamotten, bis am Ende nackt dastand. Das war aber nicht alles – sie zog ihre Schamlippen auseinander. Sie schämte sich so, ließ sich aber nichts anmerken. Sie lächelte tapfer…
Erst als der Vorhang fiel, schluchzte sie herzzerreißend. Sakura tröstete das Mädchen (denn als ein solches fühlte sie sich). „Da musst Du durch.“, sagte die Takumi ungerührt. „Es wird von Mal zu Mal besser! Schließlich habe ich einen langfristigen Vertrag für Dich abgeschlossen!“
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Nachdem Akikos und Lees Engagement abgelaufen war, nahmen sie eines in Rio de Janeiro an, und zwar im „Casablanca Night Club“. Das war wieder anders als in Las Vegas – die Vorstellungen schoben nach hinten, die letzte Aufführung war um vier Uhr. Das Outfit war ein C-String, der nur das Allernötigste bedeckte – Akiko war von von vornherein barbusig. Das war Pflicht in Rio. Dafür verteidigte man den Slip mit Zähnen und Klauen – eine merkwürdige Vorstellung von Bedeckung, an die sie erst gewöhnen mussten.
Der Machismo der Südamerikaner war speziell, anders als jener der Japaner, und doch wieder ähnlich – die Unterdrückung der Frau stand im Vordergrund bei beiden Macharten. Lee gelang es nur mühsam, Akiko vor den Nachstellungen der Kerle zu beschützen – und das war nicht zuletzt seiner noch immer stattlichen Figur zu verdanken.
Mit der Zeit ließen die Typen von ihr ab und wandten sich dem nächster Opfer zu. Die Beiden konnten sich wieder auf ihre eigentliche Aufgabe konzentrieren. Das Wasserbecken war ähnlich dem, was sie in Vegas gehabt hatten – vor allem hatte es dieselben Ausmaße. Die Vorrichtung zur Beförderung in die Luft hatten sich Akiko und Lee patentieren lassen, schließlich stammte der Originalentwurf von ihnen. Sie bezogen mittlerweile Tantiemen von jedem Einsatzort des Apparats.
Man darf auf keinen Fall die Gefahr vergessen, die von jeder diesbezüglichen Aktivität in jeglicher Sekunde ausging. Die Bedrohung war ihr ständiger Begleiter, und das viermal pro Tag: Akiko stürzte sich viermal kopfüber mit verbundenen Augen in die Tiefe und Lee passte höllisch auf, dass ihr nichts zustieß. Angst im eigentlichen Sinn gab es bei ihnen keine, wohl aber die ständige Besorgnis, dass irgendetwas schief laufen könnte. Da gab es einige Möglichkeiten – dass er sie retten musste, weil sie nicht vollkommen ausgeatmet hatte und der verbleibende Auftrieb ihr schaffen machte, bis hin zu einer kompletten vorübergehenden Ohnmacht. Für ihn galt natürlich Ähnliches: von einem Moment der Unaufmerksamkeit, bis hin zu einem totalen Blackout, was angesichts seines fortgeschrittenen Alters ein potenziell Problem darstellen könnte.
Das schwebte immer über ihnen. Schon was die dichtere Frequenz der Einsätze betraf.
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Sakura war gnadenlos, obwohl das nicht so ihre Art war. Natsuki hatte sich selbst diese Suppe eingebrockt, also zwang die Ältere sie dazu, sie auch auslöffeln, Tränen hin oder her. Das war doch ganz etwas anderes – am frühen Morgen in Vegas im Beisein von Akiko, Lee, Sakura und einem Nachtkellner ihre Striptease-Nummer aufzuführen versus abends in Tokio, im Club „Tantra Tokyo“ vor einem Saal johlender Kerle sich auszuziehen. Die Burschen sparten auch nicht mit anzüglichen Bemerkung über ihre Figur, und dass in einem da das Wasser im Mund zusammenlief. Und anderes mehr.
Egal – Sakura verlangte, dass Natsuki die aufrechten Verträge erfüllen müsste. Anderenfalls drohte eine Pönale in Millionenhöhe, bei der ihr selbst ihre reichen Eltern nicht helfen würden. Außerdem hatten diese gar kein Interesse, vom den Abmachungen zurücktreten – die Gier überwog bei ihnen, dass ihre Tochter zum Star der Nacktbranche aufsteigen würde. Abgesehen davon, die von der Takumi getroffenen Vereinbarungen waren für Vater und Mutter Gesetz, und daran wollten die Beiden keinesfalls rütteln.
Sakura war angesichts der widrigen Umstände besonders lieb zu Natsuki – sie war anschmiegsam und willig über Gebühr. Sie ermöglichte zwar, dass es dem Mädchen außerhalb des Show-Betriebs an nichts fehlte, und entblödete sich nicht, auf die ausgefallenste Wünsche von Natsuki einzugehen. Sie erniedrigte sich sogar, indem sie flach auf den Bauch legte und die widersinnigsten Perversitäten mit sich aufführen ließ – allerdings im stillen Kämmerchen und nicht öffentlich.
Aber sie blieb in der Sache der Auftritte hart!