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Trumps Drohung: Ein Schritt zu weit

Auf dem Weg für den Fototermin vor der St.-John’s-Kirche ließ sich Donald Trump mit Tränengas seinen Weg durch friedliche Demonstranten schießen.

Es war der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Die Tötung von George Floyd durch Polizisten steht in einer langen Serie des Machtmissbrauchs der Behörden in den USA. Das Problem ist strukturell und existiert seit jeher. Die bisherigen US-Präsidenten haben ihm unterschiedlich beherzt zu begegnen versucht. Alle ohne nachhaltigen Erfolg. Das gilt auch für den ersten nichtweißen US-Präsidenten Barack Obama.

Die Bilder, die man nun vom aktuellen Präsidenten sieht, sind aber ein Kapitel für sich. Anstatt in alle Richtungen versöhnliche, vielleicht sogar selbstkritische Töne auszusenden, ließ sich Donald Trump mit Tränengas seinen Weg durch friedliche Demonstranten schießen – für den Fototermin vor der St.-John’s-Kirche mit Bibel in der Hand. Kurz danach drohte er mit dem Einsatz des US-Militärs gegen Randalierer, „wenn sich eine Stadt oder ein Staat weigert, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen“.

Abgesehen davon, dass verfassungsrechtlich unklar ist, ob er die Kompetenz hat: Wahrscheinlich ist, dass es sich nur um eine weitere seiner berüchtigten strategischen Drohungen handelt. Womit der Präsident hier diesmal aber agiert, ist der Stoff, aus dem Diktaturen sind. In seiner Inszenierung als „Präsident für Recht und Ordnung“ und als Heilsbringer in der Corona-Krise für seine weiße Kernwählerschaft ist er jedenfalls zu weit gegangen. Trump ist ein Hetzer. So jemand sollte keine Nation führen dürfen.

(Manuela Honsig-Erlenburg, in „Der Standard“ 2.6.2020)