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KALEIDOSKOP – Leseprobe 16

Kapitel 46

Emma lebte an ihrer neuen Arbeitsstelle zusehends auf, obwohl sich ihre finanziellen Rahmenbedingungen erheblich verschlechtert hatten – aber das machte ihr nichts aus: wenn sie nur das Wort „Fickfroscherl“ nicht mehr hören musste. Oder gleich als „ORF-Hure“ bezeichnet zu werden. Das war etliches an Gehaltseinbussen wert.

Sie unterschied peinlich genau zwischen dem Berufsleben, in dem sie sich einen seriösen Anstrich gab, und der privaten Sphäre, wo sie machen konnte, was sie wollte. Und da, nämlich privat, lernte Emma einen Mann – sein Name war Giselher Traxler – kennen, der ihre spezielle Neigung (wie man weiß, der Nymphomanie) teilte, er war nämlich sexsüchtig, der Fachausdruck lautete Satyriasis. Da hatten sich die zwei Richtigen gefunden!

Emma und Giselher fickten was das Zeug hält und wollten damit nicht aufhören, dass sie fast ihre Arbeit vernachlässigten – er war bei der UNO-City beschäftigt. Sie Beide, wenn sie nicht zusammen sein konnten, schafften sich Erleichterung auf der Toilette, wenn sie es nicht mehr aushielten. Und dann strebten heim in Emmas Wohnung in der Kainzgasse. Giselhers Bleibe in der Herbeckstraße – trotz des relativ hohen Einkommens des Besitzers – eher schäbig und abgenutzt.

Emma und Giselher kamen gerade noch zum Essen. Dann fielen sie übereinander her!

Insofern der Wunsch nach Sexualität mit Promiskuität, also häufigem Partnerwechsel, einherginge – das traf bei den Beiden nicht zu. Sie waren sich selbst genug und wollten keinesfalls jemand anderen mitnaschen lassen. Was blieb, ist der unbändige Wunsch nach Sex in jeder Lebenslage – bei Giselher musste man gewisse Abstriche machen, wegen Erschöpfung. Das tat mit der Zeit weh, diese ständige Erektion, während Emma diesbezüglich keinerlei Probleme, außer ein bißchen Scheidenschmerz. Im Fall des Falles kuschelten sich die Partner eng aneinander.

Nur um dann, über kurz oder lang, wieder Geschlechtsverkehr zu haben – Bumsen in jeglicher Form, sei es ganz normal, sei es in Gestalt einer Löffelstellung. Und mussten Emma und Giselher sich wieder ernsthaften Dingen zuwenden wie Essen, schlafen, oder die jeweilige berufliche Beschäftigung.

Und sie hatten Sex auf der Toilette, jeder für sich, an ihrem jeweiligen Arbeitsplatz. Sie waren verrückt aufeinander, in ihrer Freizeit, wenn sie zusammen waren. Würde das einmal enden…

Kapitel 47

Anneliese und Waltraud waren mittlerweile so eng vertraut – es konnte sie nichts auseinander bringen, so sehr sich ein Außenstehender, ob Mann oder Frau, sich bemühte. Sie fuhren in ihrem Urlaub gemeinsam auf die Seychellen, um sich zu testen, ob sie lange genug in völliger Isolation ausharren konnten.

Sie kamen also auf dem Internationen Flughafen in Mahé. Dann setzten sie mit dem Boot über zu La Digue, wo sie sich im „La Digue Island Lodge“ einquartierten. Dort gab es – außer einem schönen Sandstrand – nichts. Nur Natur – in der berückendsten Form überhaupt…

Anneliese und Waltraud hatten sich mit genügend Lesestoff eingedeckt, darunter Wälzer wie von Heimito von Doderer zum wiederholten Mal „Die Strudlhofstiege oder Melzer und die Tiefe der Jahre“ oder von Lew Nikolajewitsch Tolstoi „Krieg und Frieden“ oder (was Leichteres) von Pierre Martin „Madame le Commissaire und die gefährliche Begierde“. Allein sie kamen nicht viel zum Lesen – die Wunderwelt unter Wasser tat sich auf.

Sie wollten es nicht glauben, anders als auf Rhodos (das schon schön war) hatte das Wasser eine ungeheure Klarheit – wo man bis zum Grund sehen konnte. Schmetterlings- und Doktorfische, Kugelfische, Papageienfische und Engelsfische sind nur einige der Arten, die man leicht entdecken können. Auch die schönen Meeresschildkröten, insbesondere die Karettschildkröte, sowie Mantarochen sind recht häufig zu sehen. Wenn man Glück hat, können majestätische Delfine und selten Wale in ihrem natürlichen Lebensraum zu beobachten. Die sogenannten „Inneren Inseln“ der Seychellen liegen auf einem Plateau mit circa 50 Meter Wassertiefe. Außerhalb des Plateaus ist der Indische Ozean 2000 bis 5000 Meter tief.

Anneliese und Waltraud konnten mittlerweile 15 Meter tief tauchen – ohne technische Hilfsmittel, nur mit Bikinihös‘chen ausgestattet. Barbusig – obwohl das weniger gern gesehen wurde, aber das war ihnen gleichgültig. Wie sie sich überhaupt nicht um die Umgebung scherten.

Eines Abends gingen sie tanzen – aber das Männermaterial ließ wünschen übrig. Außerdem waren die diesbezüglichen mittelalterlichen Frauen wie die Schießhunde hinter ihren Angetrauten her. Dabei hatten sie nicht das geringste zu befürchten – aber sie kannten den wahren Grund nicht.

Kapitel 48

Um auf Margaretha und Franz (die Reihenfolge hatte sich auf den Kopf gestellt) zurückzukommen: er konnte gar nicht genug kriegen von dieser Art der Aufteilung. Das behagte ihm zusehends, dass er unten lag und sie oben. Da mochte er wiederum den fantastischen Tanz erhoffen, der ihn ungeheuer angeturnt hatte. Und tatsächlich – sie machte es schon wieder als Quasi-Vorspiel.

Wilder immer ekstatischer wurden ihre Bewegungen, bis sie in der Gestalt eines Limbo vor ihm niedersank und letztlich die Form einer sogenannten Brücke annahm, bei der sie auf allen Vieren steht, wobei die höchste Stelle dieser gymnastischen Figur der Nabel bildete, die Spitzen des herabhängenden Haars berührten den Boden. Franz hatte einen Ständer, was kein Wunder war, bei dieser Stimulation. Dann legte sich Margaretha zu ihm und hatten ganz normalen Sex miteinander. Sie ließen es ausklingen.

Dann fragte Franz: „Wo hast du all diese Dinge gelernt, mit denen du spät, aber doch mein Herz erfreust!“ – „Ich habe geträumt, so merkwürdig dies auch klingen mag: ich habe sie geträumt! Ich habe sie geträumt, verdammt noch einmal!“

„Kein Grund, sich gleich so aufzuregen. Ich glaube dir ja!“

Er glaubte ihr in Wirklichkeit kein Wort und tat nur so, als ob er ihr glauben würde. Er mutmaßte, dass sie, während er im Büro war, fremd gegangen war – und nicht einfach nur fremd gegangen. Da musste mehr dahinter stecken. Er vermutete, dass als „Belle de Jour“ gearbeitet haben musste – oder etwas dergleichen, und bei der Gelegenheit ihre Erfahrungen machte. Während Margaretha inzwischen selig einschlummerte, erging sich Franz in den kühnsten und abenteuerlichsten Fantasien.

Er malte sich die exotischsten Szenarien aus. Er stellte vor, dass Margaretha als Domina gearbeitet hätte: als solche ist es wichtig, dass es um ihr Gegenüber und nicht um sie gehe. Ihr Job ist eine Dienstleistung – wer zu ihr kommt, zahlt dafür, und sie muss für ein stimmiges Erlebnis sorgen. Manche Leute sparen lange auf den Termin oder warten monatelang, bis sie sich überwinden, herzukommen. Für sie ist der Besuch wie ein Feiertag. Da musste sie umschalten, auch wenn sie keinen guten Tag hat. Das war nicht immer leicht.

Sie mochte ihre Job nach wie vor noch, sie wollte auch nichts anderes mehr machen. Sie profitierte von ihrer Erfahrung – daher ist ihre Arbeit mit den Jahren immer besser geworden. Sie hat ihr Tun für eben optimiert. Allein, was die Terminvergabe betrifft. Früher haben die Leute mich immer anrufen und nachfragen müssen, wann sie Zeit habe. Heute kann sie viel mehr Abwechslung anbieten, weil ihre Ausstattung mittlerweile so groß war.