Main menu:

KALEIDOSKOP – Leseprobe 18

Kapitel 52

Emma und ihr neuer, nunmehr einziger, Galan Giselher vögelten munter darauf los – ein Ende der Beziehung war nicht abzusehen – und auch von den Beteiligten nicht gewünscht. Sie waren, wie gesagt, sich selbst genug. Wenn da nicht die leidige Arbeit im Wege stehen würde, in der UNO-City beziehungsweise in Emmas kleinen Tonstudio im sechsten Wiener Gemeindebezirk, wo sie angestellt war.

Dabei hatten die Zwei auch richtig Freude an ihrer Arbeit. Emma in ihrem Studio, von dem es in der Werbung heißt: „Das Tonstudio Wiens, welches durch Erfahrung, Kompetenz und Empathie auf jeden Ihrer Wünsche eingeht. Das Tonstudio Wiens, welches Sie fragt: Sie sind Sänger oder Sängerin, Sprecher oder Sprecherin?Vielleicht Virtuose oder Virtuosin auf der Gitarre oder dem Saxophon? Musikproduzent und Produzentin? Möglicherweise aus der Filmbranche für Livestream oder Making Of Videos?“

Oder auch im Falle Giselhers: „Die Organisation der Vereinten Nationen für industrielle Entwicklung (englisch: United Nations Industrial Development Organization – UNIDO) ist eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen mit dem Ziel, die industrielle Entwicklung in Entwicklungsländern und Reformstaaten nachhaltig zu fördern.“

Wenn da nicht Emmas und Giselhers spezifische Neigung gewesen wäre, die ungehemmt und immer ungehemmter auslebten, bis ihre Vorgesetzten davon Wind bekamen, dass sie ständig auf‘s Klo ausbüxten. Das konnte auf Dauer gut gehen und die jeweiligen Chefs verlangten Aufklärung darüber, was sie so trieben. Im Klartext wollten sie „nicht genau wissen, was die Beiden machten. Nur es muss aufhören, sonst fliegen sie hochkant hinaus!“

Was auch wieder einen Vorteil hatte, denn wenn sie nach Hause kamen, waren sie scharf aufeinander, dass sie – ohne etwas zu essen – übereinander herfielen. Und so ging das weiter, bis sie, in Jahre gekommen, etwas ruhiger wurden. Hatten Emma und Giselher sich noch verbal etwas zu sagen – wir wissen es nicht.

Kapitel 53

Franz und Margaretha Borner waren reifer geworden – und deshalb nicht weniger sexbezogen, nach der langen diesbezüglichen Durststrecke, die gottlob hinter ihnen lag. Der Herzinfarkt war seit geraumer Zeit vergessen, dennoch blieben sie bei der Aufteilung verhaftet – sie oben, er unten. Damit hatte Margaretha wesentlich mehr zu tun als Franz, was ihr prinzipiell nicht unrecht war.

Margaretha spielte ihre Spielchen, ungehemmt, sie hatte ihre Zurückhaltung abgelegt – warum nicht, Franz war schließlich ihr Mann, vor ihm brauchte keine Skrupel haben. Sie zog sich ungeniert aus, legte zu ihm (wohlgemerkt obenauf) in‘s Bett und führte seinen Penis gekonnt in ihre Scheide ein. Dann hatten sie ausgiebigen Sex, wobei er ihr die Initiative überließ.

Dann quatschten sie ausgiebig (ein Novum!). Über dies und das – hauptsächlich über Klatsch, das war ihre Domäne, und über ihr neuestes Projekt. Margaretha hatte wieder zu singen begonnen!

Ihre Stimme ein wenig eingerostet, bald aber hatte sie das wunderschöne Kolorit wieder lupenrein – sie reichte vorläufig bis a’’. Sie hatte schon einmal h‘‘ geschafft, wie bei Berufssängerinnen, und da wollte sie wieder hin, koste es, was es wolle. Franz unterstützte sie, im Gegensatz zu früher, wo er sich für ihren Gesang nicht interessiert hatte.

Er erinnerte sich, dass er im Gymnasium einen Mitschüler gehabt hatte, der später zum Chef des Konzerthauses aufgestiegen. Er hatte den Klassenkameraden persönlich aus den Augen verloren, aber seine Karriere aus der Ferne weiterverfolgt. Jetzt ließ er seine eingeschlafenen Beziehungen spielen und rief ihn auf‘s Geratewohl an.

„Ich freue mich derart, dass Du Dich wieder bei mir meldest!“, sagte der Schulkollege. Er war gar nicht eingebildet – seine Laufbahn hatte ihn nicht verbogen. Er hatte dasselbe verbindliche Wesen, wie es vor vielen Jahren gewesen war.

„Was kann ich für Dich tun? Ich nehme an, dass Du etwas willst?“ – Franz war ein wenig pikiert, dass er so leicht zu durchschauen schien. „Ich habe tatsächlich ein Anliegen. Meine Frau – die Dir unbekannt ist – hat eine, nach meinen Begriffen, wunderschöne Gesangsstimme. Kriegsbedingt hat sie das vernachlässigt, obwohl sie praktisch einen Vertrag bereits in der Tasche hatte. Kannst Du sie einmal unverbindlich anhören.“

Seine eigene Rolle spielte er herunter, obwohl sie wesentlich dazu beigetragen hatte, dass es nichts geworden war. Margaretha hatte ihn seinerzeit so geliebt – wie sie es heute nicht mehr machen würde. Da war sie sich nicht so sicher, ob sie die Karriere nicht vorgezogen hätte.

Der Schulkollege vernahm die Stimme und war hin- und hergerissen. Er bedauerte nachträglich noch die vertane Chance – immerhin bot er Margaretha eine Stelle in einem Chor an. Sie sagte zu. Franz saß ganz still im Publikum und hörte sich seine Sängerin an…

Kapitel 54

Anneliese und Waltraud wohnten (nunmehr wieder einträchtig) in ihrer komfortablen Bleibe – sie war so geräumig, dass sie sich ein eigenes „Spielzimmer“ leisten konnten. Dort hatten sie privat ihre zum Teil perversen Vergnügungen. Sie wurden älter und reifer, was aber nichts sagte, über ihre Beziehungen. Sie hatten bis jetzt schon so viel erlebt, dass es in einem anderen Dasein für einen erfüllenden Konnex gereicht hätte.

Mittlerweile dreißi geworden (sie hatten das gleiche Alter), waren sie zur Prokuristin beziehungsweise Bürovorständin ernannt worden – sie befanden sich auf dem Höhepunkt ihrer Karriere. Manchmal überlegten zum Spaß, freiwillig aus dem Leben zu scheiden – das hätte einen Knalleffekt gehabt. Aber Schluss mit dem Gaudium!

Sie gingen arbeiten, ernsthaft und durchaus skrupellos, wenn es nötig schien. Das war das Geheimnis ihres Erfolgs – das hatte schon Julian erfahren, bei vielen Gelegenheiten, bis sie so zurechtgerückt hatten, wo sie ihn wollten. Dr. Borner und Dr. Wiener fürchteten nichts und niemand – eher hätten sie gekündigt als dass sie sich verbiegen ließen. Aber das wusste der Vorstand genau und trieb es nicht zu weit. Außerdem waren sie um ein Eckhaus billiger als ihre männlichen Kollegen an vergleichbaren Positionen.

Obwohl sie gut verdienten, sehr so sehr – sie hatten ihr Drauskommen, aber mit den Männern sie keinesfalls mithalten, und das lag, speziell bei den Banken, nicht an der Tatsache, dass eine bestimmte Gehaltsstufen nicht adäquat bezahlt worden wäre. Die Frauen kamen einfach nicht so hoch hinaus – vier männliche Vorstandsmitglieder in Vergleich zu null Damen, das sprach Bände.

Das Fortkommen war das Problem, auch für Anneliese und Waltraud. Sie beschäftigen sich zunehmend mit dieser Frage, aber auch private Angelegenheiten gaben ihnen zu denken. Wo sollten sie noch hinkommen, als wie bergab. Der Gedanke fraß sich immer mehr in ihren Gehirnen fest.

Und dann kamen sie auf die plötzliche Idee, Doppelselbstmord zu begehen. Ein rasch wirkendes Gift – und aus. Die Droge bestellten sie sich im Internet…

Da passte ganz und gut der „Inner City Blues“ dazu:

„Dah, dah, dah, dah
Dah, dah, dah-dah, dah, dah
Dah, dah, dah, dah
Dah, dah, dah-dah, dah, dah
Dah, dah, dah
Rockets, moon shots
Spend it on the have nots
Money, we make it
Fore we see it you take it
Oh, make me want to holler
The way they do my life (yeah)
Make me want to holler
The way they do my life
This ain’t livin‘, this ain’t livin‘
No, no baby, this ain’t livin‘
No, no, no, no
Inflation no chance
To increase finance
Bills pile up sky high
Send that boy off to die
Oh, make me want to holler
The way they do my life (duh, duh, duh)
Yeah, make me want to holler
The way they do my life
Oh, baby
Dah, dah, dah
Dah, dah, dah
Hang-ups, let downs
Bad breaks, set backs
Natural fact is
Oh honey that I can’t pay my taxes
Oh, make me want to holler
And throw up both my hands
Yea, it make me want to holler
And throw up both my hands
Oh (ow) crime is (woo) increasing
Trigger happy policing
Panic is spreading
God knows where we’re heading
Oh, make me want to holler
They don’t understand
Dah, dah, dah
Dah, dah, dah
Dah, dah, dah
Mother, mother
Everybody thinks we’re wrong
Who are they to judge us
Simply cause we wear our hair long“