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UNENDLICHE WEITEN – Leseprobe 5

Siebzehnter Abschnitt

Ψ und Pak Sang-Ook vergnügten sich auf der Reise zur Nasco-Kultur (also die Kultur der Humanoiden) – sie hatten einen Narren aneinander gefressen, Ψ als Frau, die Einiges los hatte, und Pak, der nichts anderes übrig blieb, als Frau zu sein. Der Admiral war immer noch sehr erzürnt über das Geschehene, aber Symphorosa tröstete ihn mit dem Hinweis, dass es ein sehr angenehmer Ausflug war.

Der Ex-Sergeant Ositanachi randalierte in seinem Bau. Er verlangte, Kurylenko zu sprechen. „Das würde Dir so passen! Der Admiral hat anderes zu tun!“, sagte die Wache. Weil Ositanachi sich nicht beruhigte, nahm der Gefängnisaufseher seinen ganzen Mut zusammen und suchte Kurylenko auf. „Entschuldigen Sie, Sir, aber der Gefangene ist weiter renitent. Was also soll ich machen?“

Der Admiral war zunächst unwillig: „Was geht das mich an? Beschäftigen Sie ihn mit irgendwas!“

Dann aber änderte er seine Taktik – er wollte Ositanachi sehen. Vielleicht hatte er ihm was Wichtiges zu mitzuteilen. Wer weiß? Der Ex-Sergeant hatte sich inzwischen wieder beruhigt. Er sah dem Gespräch stoisch entgegen. „Was haben Sie auf dem Herzen!“, fragte der Admiral zynisch. „Ich habe das Rätsel um die unterirdischen Maschinen gelöst – sie sind nichts anderes als Fake, sinn- und zwecklos.“, versetzte Ositanachi trocken. „Sie sollen lediglich auf die dahinterliegende Skulptur hinweisen, von der ich nach wie vor nicht weiß, wie sie betrieben wird. Das ändert jedenfalls nicht das Geringste an meinem Befund: Fake!“

Kurylenko war verblüfft – das hatte er nicht erwartet, obwohl er nicht den geringsten Zweifel hatte, dass der Ex-Sergeant die Wahrheit sprach, auch sie nicht vor Ort waren, das heißt viele tausend Kilometer entfernt. Der Admiral hob den Arrest für Ositanachi auf und nahm das „Ex-“ zurück. Damit war der Betroffene wieder in den Reigen der übrigen Besatzungsmitglieder aufgenommen worden. Der Sergeant duschte ausgiebig, danach ging er einem menschlichen Bedürfnis nach (ich meine nicht auf der Toilette, sondern was den Geschlechtsverkehr betraf). Es standen immer genügend willige Damen zur Verfügung, die aus lauter Fadesse auf den langen Reisen die Beine breit machten – übrigens gab es auch genügend willige Männer, die dasselbe für die Frauen deichselten.

Wie auch immer – der Planet der Humanoiden rückte näher. Sie hatten eine goldglänzende Hautfarbe, soweit sie nicht sonstig bedeckt waren. Sonst aber waren sie wie Menschen. Ihr Schlachtruf war „Skyfall“, demgemäß erwiesen sie sich als aggressiv. Wie gut, dass der Admiral sie sozusagen neutralisieren konnte – durch geschicktes Taktieren im „Rat der konföderierten Planeten“ mit dem Direktorium.

Diese Kultur hatte ein eigenartiges Weltbild, eine patriarchale Struktur (aber das hatten wir schon erwähnt), in der Männer das Sagen hatten und die Frauen rechtlos waren. Die demokratischen Mechanismen beschränkten sich ausschließlich auf männliche Personen, die für sämtliche Rechte beanspruchten, während die weiblichen Wesen wie Abhängige lebten – mit der entsprechenden Geringschätzung.

Der Admiral enthielt jedes Urteils darüber – es galt ja die strickte Nichteinmischung. Nur in Fragen der Außen- und Verteidigungspolitik war vereinbart, dass sich die jeweils Anderen einschalten konnten. „Ich grüße Sie!“, sagte Kurylenko zu dem Vorstandssprecher. „Ich wollte nur vorbeischauen – gibt‘s irgendwas, worüber wir reden sollten?“

Der Vorstandssprecher verneinte und dann wurde eine große Orgie gefeiert!

Die Menschen (und Symphorosa) wurden mit ausgesuchter Höflichkeit behandelt, insbesondere Ψ in ihrer Rolle als menschliche Figur und Pak Sang-Ook, während die weiblichen Hominiden-Kreaturen (anders konnte das nicht genannt werden) als Sklavinnen zur Verfügung stehen mussten. Ja, der Admiral und seine männliche Entourage konnten sich den Umgarnungen der Marionetten nicht entziehen – alles übrige wäre als tödliche Beleidigung aufgefasst worden. Kurylenko war nicht gut drauf – seine Sklavin hatte höllische Angst, dass es nicht klappen würde mit dem Hochkommen, denn dann erwartete sie eine Strafe. Der Admiral brachte mit Müh und Not eine Erektion zustande. Symphorosa drückte ein Auge zu, während Ositanachi sich gleich seine Partnerin als dauerhafte Beziehung anlachte. Er versprach ihr, dass er sie nicht so schlecht behandeln würde, wie sie das von ihrem Heimatplaneten gewohnt war. Außerdem was gab es Schöneres als einen Schwarzen und eine Goldglänzende, jedenfalls wenn sie ausgezogen war.

Achtzehnter Abschnitt

Und auf ging‘s in die Age-Kultur oder in Welt der Schleimis, wie sie Kurylenko insgeheim nannte. Das war ein durchaus problematischer Besuch, eben weil sie so verschieden waren. Dem Häuptling der Ages war Ositanachi war ein Begriff, zumal er bei ihm die Unterlage entwickelt hatte, mit deren Hilfe der Betroffene sich auf festem Grund bewegen konnte – da hatte der Sergeant einen Stein im Brett.

Ganz fremd waren sich die Zivilisationen also nicht, aber es war die große Zahl der Exemplare, die bei näherem Hinsehen Angst machte – es waren viele Hunderttausende, wenn eine Milliarde oder noch mehr. Wohlan, der Admiral versuchte es dennoch mit Freundlichkeit: „Wir haben uns schon einmal gesehen -“. Der Häuptling unterbrach ihn: „Ich bin doch nicht blöd, oder was -“. Das fing ja gut an!

Kurylenko ließ nicht locker. „Okay, aber lass‘ uns sachlich bleiben! Du -“ (in dieser Welt gab es keinen Unterschied zwischen „Du“ und „Sie“) „— hast Beschwerden -“. Der Häuptling unterbrach den Admiral schon wieder. „Wer behauptet so einen Unsinn? Komm‘ lass‘ uns feiern!“ Und dann fuhren die Leute auf, was sie zu bieten hatten – und was durchaus gewöhnungsbedürftig, für menschliche Zungen jedenfalls. Kurylenko und Symphorosa und die übrige Crew würgten das Undefinierbare hinunter – angefeuert durch die Schleimis: „Das schmeckt köstlich!“ Dabei drehte es den Menschen den Magen um. Immerhin waren sexuelle Kontakte nicht und auch gar nicht erwünscht – soweit ersichtlich. Wenn nur nicht die roten Augen gewesen wären. Direkt unheimlich waren diese Augen, der einzige Fixpunkt in einer sonst formlosen Masse.

Die Schleimis konnten ihre roten Augen nicht von Symphorosa wenden. Das Pferdefrau ließ sich ohne weiteres bestaunen – sie hielt den Blicken der Beobachter stand und forderte sie geradezu. Sie spielte buchstäblich mit den Zuschauerinnen und Zuschauern und forderte sie regelrecht heraus – für den Admiral schien die exhibitionistische Avance seiner Angetrauten durchaus überraschend, zumal sie von obszönen Gesten begleitet wurde. „Ich habe mir eine richtige Femme fatale unter den Nagel gerissen!“, merkte Kurylenko entschuldigend an. „Du weißt, was eine Femme fatale ist – hier ist sie in Aktion zu sehen!“ Der Häuptling blickte ihn verständnislos an. Da ließ er es gut sein.

Die Weiber der Schleimis führten ein Ballett auf, wobei die roten Augen der Tänzerinnen das einzig Greifbare waren – alles Übrige blieb schemenhaft dunkel. Die Augen, die befremdlichen Augen waren zu sehen – man wusste nicht, ob sie nackt waren oder bekleidet. Nur die Augen, die irritierend leuchtenden Augen, bösartig vielleicht für unsere Vorstellung, ja, bösartig – das ist das richtige Wort. Die Performance war offensichtlich zu Ende.

Die Augen verfolgten den Admiral auf der Heimreise genauso wie der Blick auf Symphorosa. Sie hatte er schon ausgiebig „ohne was“ gesehen, aber was ihm zu schaffen machte, waren die obszönen Bewegungen. Das war neu für ihn – die aufreizenden Bälle hatte nicht gesehen und seine Frau hatte ihm nicht darüber berichtet, unter anderem von dem, was Kurylenko als Sensation empfunden hätte (wenn er es nur ausgemacht hätte): Symphorosa I., die Oberste Gebieterin, nackt, bis auf einen schmalen Eisenreif zum Zeichen ihrer Würde. Da wäre der Admiral ausgerastet – Mutter und Tochter gleichzeitig hüllenlos!

Neunzehnter Abschnitt

Der Sergeant und seine neue Freundin namens Kailay (bei den Hominiden gab es keine Zunahmen), der Schwarze und die Goldglänzende, ergänzten sich blendend, nicht so sehr, was ihre sexuellen Aktivitäten betraf, das sowieso, aber im Vordergrund stand ihr beiderseitiges handwerkliches Geschick, wovon sich Obayana Ositanachi sofort ein Bild machen konnte. „Obayana, mein Schatz, ich werkle so gerne mit Dir, genauso ich mit Dir Sex habe. Ich hatte bittere Erfahrungen mit dem Geschlechtsverkehr, wie er bei uns üblich ist – nämlich dass die Frau ein besseres Vehikel darstellt, wenn ER es sich nicht selber machen wollte.“, sagte Kailay.

„Ich hoffe, dass es mit uns nie so weit kommt. Da spricht schon dafür, das wir gerne „werkeln“, wie Du das ausdrücken würdest. Ich verrate Dir übrigens ein Geheimnis, von dem alle wissen und auch wieder nicht.“, erwiderte Obayana. „Die Spannung steigt!“, konnte Kailay ihre Überraschung nicht werbergen.

Der Sergeant führte sie in den Wald und zu dem Würfel, immer tiefer hinein, bis sie an der Tor beziehungsweise an dem Tor ankamen. Er nahm Kailay mit in jene geheimnisvolle Unterwelt, die er sich schmeichelte entdeckt zu haben. Er ging mit ihr durch die leeren Hallen, dann durch mit Maschinen gefüllten Hallen und dann standen sie vor der Skulptur. Das Interesse Kailays war geweckt – und das war noch nicht alles (Obayana wusste schon Bescheid): Die Aktion! Die Akteure, die bis dahin wie erstarrt waren, erwachten zum Leben. In ihrer ganzen Nudität, in voller Blöße begannen gleich, Sex zu machen. Kailay war sprachlos!

„Was gibt‘s hier zu schauen?“, sagte die Partnerin. „Noch nie ein Paar, Du weißt schon was? Irgendwie habe ich mich daran gewöhnt, alle heiligen Zeiten durch den Besuch irgendwelcher Figuren gestört zu werden!“

„Obwohl es mir mittlerweile nicht unangenehm ist, mich beobachten zu lassen!“, erklärte der Partner. „Hätten Sie auch Lust, es einmal mit mir zu probieren?“

„Danke, nein! Ich bin versorgt!“, sagte Kailay. Der Sergeant lehnte ebenfalls ab – wobei sich Partnerin und Partner in Diskretion übten, immerhin hatte Ositanachi das Vergnügen gehabt.

Die Beiden, Partnerin und Partner, die ununterbrochen Sex gehabt hatten, verabschiedeten sich von Kailay und Obayana. Während die Beiden (Kailay und Obayana) dem Ausgang zustrebten, hielten Partnerin und Partner für einen Moment still. „Jetzt werden sie glauben, dass sich der Mechanismus automatisch abstellt. Weit gefehlt – wir machen weiter, solange es uns gefällt, auch wenn nichts nach außen dringt. Wir sind autonom in unseren Entscheidungen, nur weiß es keiner – und das soll auch so bleiben!“, bekräftigte der Partner. „Übrigens – wer hat eigentlich bei uns beiden das Sagen: Du oder ich? Lassen wir es dabei bewenden…“.

Am Weg zurück kamen Kailay und Obayana an den Maschinen vorbei (wobei er ihr versprechen musste, dass sie bei nächster Gelegenheit wiederkommen würden) und erreichten schließlich die Oberfläche wieder. Sie mischten sich unter die Anderen, bald aber war ihnen das zu langweilig, und sie zogen sich in‘s Quartier zurück. Sie entledigten sich ihrer Kleidung und da sah er erst, wie attraktiv sie war – nämlich umwerfend betörend!

In ihrem Goldglanz!

Zwanzigster Abschnitt

Nihal-Fashid (Ψ) war es fade geworden. Pak Sang-Ook hatte diverse dienstliche Verpflichtungen, und Ψ verschwand wieder im Nirvana, aus dem Ψ gekommen war – zumindest für die Signaloffizierin schien es so zu sein. In Wirklichkeit war Ψ anwesend und auch wieder nicht – Ψ war ein Wesen der vierten Dimension. Richtungen, die wir uns mit unserem auf die Erfassung von D3 ausgerichteten Verstand nicht vorstellen können. Im einfachsten Fall steht diese senkrecht, was immer das bedeutet, auf allen Richtungen.

Ψ neckte Pak, wo immer sie sich aufhielt – mit der Zeit spürte „ihre“ Nähe (Pak konnte sich Ψs Anwesenheit nicht anders vorstellen, denn als wunderschöne Frau). Diese befahl ihr aus dem Nichts niederzuknien. „Ich kann mich nicht so ohne weiteres zum Narren machen! Die Anderen schauen schon, weil ich von Gott weiß woher meine Anweisungen bekomme!“, wehrte sie sich. Aber Ψ blieb unerbittlich: „Los! Hinknien!“

Pak kniete sich hin – die Anderen waren verblüfft. Sie bellte: „Ich bin schließlich für die meisten von Ihnen die direkte Vorgesetzte. Ich mache, was ich will, und wenn es mein Wunsch mich hinzuknien – dann knie ich! Oder gibt es Widersprüche?“ Die Anderen kuschten.

Ψ ließ nicht locker: „Jetzt zieh‘ Dich aus – aber langsam!“ Und sie zog sich splitterfasernackt aus.

Die Anderen liefen zum eigentlichen Kapitän des Flaggschiffs α-Canopus, Juan Pablo Garcia Aspe, und dieser steckte Pak so wie sie war, nämlich ohne Bekleidung, in den Bau. Dort wartete Ψ auf sie, unsichtbar für alle außer Pak, in seinem Format als märchenhafte Dame. Pak war übrigens haarlos, seit jeher, hatte rasierte Achselhöhlen und selbstverständlich auch in Intimbereich glatt – sie war rundherum und extrem nackt, und wenn sie nicht die vorgeschriebene Uniform trug und auch die Freizeitkluft vermied, war sie komplett im Evaskostüm. Und sie genoss das ausgiebig und ohne jeden Skrupel. Und auch Ψ ließ, in Ψs Form als Frau, die Blicke auf ihr ruhen.

Nachdem auch die vornehme Dame abgelegt hatte (um es ganz geziert auszudrücken), kniete sich Pak zwischen Ψs Beine und erwies Ψ mittels Cunnilingus die Ehre. Sie grub sich richtig in den Schoß, vergaß nahezu zu atmen – sechzehn bis zwanzig Minuten konnte sie es aushalten, je nachdem. Ihr Ziel war sechsundzwanzig Minuten, ohne Luft zu holen. Und dann nahm sie Ψ in ihre Arme und sie erlebte das, was sie nie für möglich gehalten hätte und stets von Neuem nicht für möglich hielt – die Liebeskunst eines vierdimensionalen Wesens. Obwohl die Angesprochene als menschliche Frau auftrat, konnte sie ihren 4D-Status nicht verleugnen und Pak erfuhr ungeheuere Wonnen. Sie wollte gar nicht mehr aufwachen, von dem, was die französische Redewendung „la petite mort“ („der kleine Tod“), gemeint ist der Orgasmus, den zu erlangen das erklärte Ziel jeglicher Sexualität ist.