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DER WUCHERER


Begonnen hatte es damit, dass er Wucherzinsen verlangte – und auch bekam, denn eine normale Bank ließ die Finger davon. Zinsen von mindestens 100 %, ganz wie es ihm beliebte, mal weniger, mal mehr. Leon hatte nämlich eine zusätzliche Einnahmequelle entdeckt, für die er schon mal auf die „normalen“ Einkünfte verzichtete. Wenn einem Klienten das Wasser bis zum Hals gingen, mochte er mit dessen Frau schlafen – unter der Voraussetzung, dass sie einigermaßen attraktiv war. Dabei reizte ihn ganz besonders dieses Ausgeliefertsein der infragestehenden Person, ja es machte umso interessanter je mehr sie sich wehrte.

Es wurde ihr von zwei Seiten zugesetzt, von ihrem Mann (der ja seine einzige Chance darin sah, heil aus diesem Schlamassel wieder herauszukommen) und von Leon, der seine Chance witterte. Dabei ging es durchaus turbulent und rüde zu – Leon brauchte ja keinerlei Rücksicht zu nehmen, und er war in einer für ihn durchaus körperlichen Verfassung. Er begann mit dem Mund seines Opfers in der Form eines Blow-Jobs, was nicht jederfrau Sache ist. Hinzu kam das Äußere Leons – er war nämlich abgrundtief häßlich und dazu noch ungepflegt.

Und er verlangte, dass sein jeweils aktueller Pechvogel bei allen sexuellen Handlungen die Augen stets geöffnet halten musste, was einer Strafverschärfung gleichkam, denn man kann blind einiges hinabschlucken – das fallweise im Wortsinn zu verstehen. Glatt sollte die Dame sein, völlig epiliert, auch wenn sie sich ihr Lebtag hinter einem Pelzchen verborgen hatte. Und so ging es weiter: normaler Koitus – Koitus von hinten und so weiter. Dabei kam ihm sein extremer Sexismus zugute…

Fallweise trieb er es auch zu bunt, dann nämlich wenn er die Ladys sozusagen vermietete, aber sagte, dass sie dem Angetrauten nichts verraten dürften (denn sonst würde die gesamte Konstruktion platzen). Was da für Kerle auftauchten, das spottete jeder Beschreibung. Zum Teil waren sie noch hässlicher als Leon, zum Teil tobten sie sich richtig aus auf den armen Wichteln. Da gab es keine Perversität, die nicht zur Anwendung kam. Leon besaß einen Hengst, der auf den Geschlechtsverkehr abgerichtet war. Kaum näherte sich ihm eine nackte Frau, als sich zwischen seinen Hinterbeinen etwas rührte, was sich zu der ungeheuren Größe entwickelte, die Pferden zu eigen ist.

Eines Tages schleppte Leon einen Amerikaner daher, der auf ganz was Besonderesü stand: Er schloss sich mit dem aktuellen Opfer ins Badezimmer ein, und da ging es richtig rund. Er füllte die Badewanne bis an den Rand. Dann stieß er die Delinquentin angezogen oder nackt da hinein – es spritzte, dass es nur so eine Freude war. Und dann: „Dunk that Woman!“ Mit eisernem Griff setzte er sein Vorhaben in die Tat um. Als sie für einen kurzen Moment auftauchte, konnte sie noch gerade rufen: „Don’t dunk me!“ Bevor sie wieder unter Wasser gehalten wurde.

„We’ve got to see what it looks like, wet!“ sagte der Amerikaner. „Let’s see how long she can hold her breath!“ Ihr verging Hören und Sehen, ihr schwanden ich die Sinne. Doch so leicht ertrinkt man nicht, zumal sich, gewollt oder ungewollt, ein ziemlicher Orgasmus abzeichnete. Da gab kein Halten mehr und – gewollt oder ungewollt – er brach sich seine Bahn. „She’s damn horny!“ sagte der Ami behutsam.

„We’re going to play a game.“ – „What kind of game?“ antwortete das Opfer. – „You’ll like it!“ – „Oh, I don’t think so!“ – „Sure you will! It works like this. I take turn dunking you and see how long you can hold your breath. Take a deep breath.“ fügte er hinzu. Eine Minute – zwei Minuten — drei Minuten – das Opfer bäumte sich auf – vier Minuten – es wurde ganz schlapp, aber der Amerikaner hielt es fest, bis auch die letzte Luft heraußen war. Das Wasser füllte die Lungen. Da ließ er das Opfer los. Er stellte es auf den Kopf, damit das Wasser ablaufen konnte. „Come on…..you! It hurts…..when you hold me under…..so long!“ brachte das Opfer mühsam hervor, bevor es seine Sachen zusammensuchte und das Weite suchte.

So weit, so gut. Was die angewandten Sexpraktiken betraf, konnte in ihrer Reichhaltigkeit kein Wunsch offen bleiben. Leon konnte noch immer behaupten, dass er nicht zufrieden war mit dem Gebotenem, und dann trat die ursprüngliche Lösung in Kraft, nämlich Wucherzinsen zu zahlen. Mit der Zeit machte er sich einen Sport daraus, Beanstandungen zu finden, wo keine waren. Damit wurden auch die Bemühungen hinfällig, so sehr sich die Damen bemüht hatten. Immer wieder versuchte ein Schuldner, aus dieser Falle herauszukommen – da war ihm die Ehre seiner Frau mit Verlaub scheißegal. Und auf diese Art gab es stets Nachschub, da musste sich Leon keine Sorgen machen. Er verdiente doppelt, da waren einerseits die verzweifelten Versuche, das Geld aufzutreiben, andererseits konnte Leon vorsorglich mit den Frauen schlafen.

Manchmal trieb er es bei einer besonders hübschen Dame mit einigen Kumpeln, die er immer zur Verfügung hatte, in der Form des sogenannten Bukkake. Es bezeichnet im westlichen Verständnis eine Gruppensexpraktik, bei der mehrere Männer auf einer Frau ins Gesicht ejakulierten. Das kommt bei den Damen, wenn’s nicht freiwillig geschieht, nicht gut an, ja wird verabscheut. Es war notwendig, der Delinquentin (im Falle der Unfreiwilligkeit) die Hände auf den Rücken zu binden. Ein weiteres Zeichen der Unterwerfung war gegeben. Und dann ging es so richtig los – die Frauen flehten das Ende herbei, nur so weit war es lange nicht. Leon und seine Spießgesellen mussten erst in Fahrt kommen, und das dauerte geraume Zeit, mindestens fünf Minuten und dann weitere zehn Minuten, bis das Sperma herauskam. Apropos Sperma: da mochte es schon einmal ins Auge gehen, und da treffen unterschiedliche pH-Werte aufeinander, das Auge hat einen pH-Wert von 7 (neutral), das Sperma einen von 7,2 bis 8 und ist damit alkalisch. Dieser Effekt ist dafür verantwortlich, dass es ziemlich stark brennen kann, wenn das Auge ziemlich genau getroffen wird.

Und so spritzten sie am Ende: tatsächlich ins Auge, auf die Wangen, ins Haar, auf die Schultern – da kam ganz schön was zusammen. Und sie spritzten und spritzten, bis das Gesicht und die Vorderfront richtig verklebt war. Sie ließen die Frau auch jetzt noch nicht frei und einer von denen brachte ein Glas daher. Er sammelte das Sperma ein und gab es der Ärmsten auch noch zu trinken, während sie noch gefesselt war und auf den Knien vor ihnen lag. Schließlich erlaubten sie ihr, sich zu säubern und dann zu gehen beziehungsweise zu schleichen. Als sie ihr Mann in dem Zustand sah, war er sehr wütend, allein er konnte nichts machen, wenn er nicht die Chance verlieren wollte, ungeschoren davon zu kommen. Also biss er die Zähne zusammen und sagte nichts.

Das half aber nichts – Leon hatte längst insgeheim beschlossen, dass es nicht genug war, so sehr die Frau sich auch bemühte…

Jetzt hatte er eine neue Idee – er nannte sie „Life drawing“. Dabei musste sich die Dame nackt ausziehen und sich von allen Richtungen bestaunen lassen. Leon und seine Crew an anmaßenden Teilnehmern, die sich nicht zurückhalten konnten. ergingen sich in den abfälligsten Einzelheiten über ihre Figur. Dabei sparten sie nicht, auf die kleinsten, intimsten Details hinzuweisen – auf die äußere sowie auf die innere Vagina, auf den Busen, auf die Falte des Po, das Gesicht nur ganz nebenbei, und was halt sonst an Vorlieben bestand.

Dabei hatten sie nicht wirklich die zeichnerische Begabung im Vordergrund, das war eher zweitrangig. Da geschah etwas sehr Seltsames: Die Frau gewann Gefallen an ihrer Nacktheit, fand sich geradezu sexy. Mit den zahlreichen Verweisen auf die Romantik (Nymphen, Melusinen, Sirenen, Undinen) – und die ihr zugeschriebene Lieblichkeit – in sie offenbar konterkarierender Form bricht diese weniger, als dass sie aufs Eigentliche, das Gewalttätige darin, hinweist. Das Thema der Meerjungfrau, der Frau mit Fisch-Unterleib, verführerisch, nach Erlösung durch einen Mann suchend und entsexualisiert zugleich, zieht sich durch. Toxischer Männlichkeit, Männerfantasien, männlichen Stereotypen, patriarchalen, kulturellen und christlich-religiösen Einschreibungen begegnet die Frau mit paradoxer Intervention als Werkzeug zur Bewusstmachung.

Sie erinnerte sich als Teenager Ballettunterricht bei alten Dame genommen haben. In den Anweisungen der Lehrerin kam die Philosophie von Ballett zum Ausdruck, doch ihre Phrasen wirkten hintersinnig. Die Lehrerin war nackt und forderte auch die Schülerinnen auf, sich auszuziehen. Bühnenfigur und reale Personen verschwimmen: „Ich habe viel nackt gemacht, und als ich das erste Mal hier auf die Bühne kam und Balletttraining nackt gegeben hab, das war gar nicht einfach, aber das ist ja auch das Wichtige, dass man Dinge verschiebt.“ Und auf diese Weise betrachtete sie den Vorgang als eine weitere Performance und überwand ihren Ekel. „Ich verstehe Performer nicht, die auf der Bühne unterspannt herumstehen. Warum nutzen sie ihre Körper nicht?“

Die Dame ließ sich scheiden und war ihre (wie immer gearteten Verpflichtungen) los. Der Schuldner blieb auf seinen Schulden sitzen. Leon hatte in diesem Fall ausgespielt…