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MORS IN COITU

Marc war guten Mutes – er hatte gerade ein Rendezvous vereinbart mit einer reizender Person namens Solange. Er freute sich schon riesig, zumal es ein wirklich apartes Geschöpf handelte. Sie hatte ein ebenmäßiges Gesicht, von ihrer Figur ganz zu schweigen. Er hatte das Darunter zwangsläufig noch nicht gesehen – höchstens eine Andeutung davon. Aber das sollte sich schon bald ändern, so hoffte er jedenfalls. Er hatte immerhin bereits beim Ausmachen einen Tanga aufblitzen gesehen nur kurz zwar, aber doch. Das ließ einiges vermuten, doch nicht alles…

Und dann kam der große Tag, an dem‘s zur Sache ging. Er hatte gekocht – das war eine Leidenschaft von ihm: Lasagne und Salat, dazu einen guten Weisswein. Er war schon so aufgeregt, ganz anders als bei seinen bisherigen Verabredungen war er nervös – geschuldet der optischen Schönheit seiner potenziellen Eroberung.

Solange war wieder Erwarten ganz natürlich und denkbar unprätentiös. Sie plauderte darauf los, was ihm die Scheu nahm – sie erkundigte sich nach seinen beruflichen Erfahrungen und nach seinen Hobbys (Steckenpferde nannte sie es). „Mein Beruf ist Banker, und zwar in der volkswirtschaftlichen Abteilung.“, sagte er, „Aber mein Steckenpferd ist es, zu schreiben: Ich habe drei Romane veröffentlicht und auf meiner Homepage finden Sie weiteres!“

„Interessant!“, erwiderte Solange. „Mein Steckenpferd und gleichzeitig mein Beruf: Ich bin Striptease-Tänzerin!“

„Ich wollte immer schon einmal eine Stripperin persönlich kennenlernen…“.

„Ich mag‘s nicht, wenn Sie mich so bezeichnen!“

„Entschuldigen, war nicht so gemeint! – Wollen uns ,Du‘ sagen?“

„Gerne, da müssen wir Bruderschaft beziehungsweise Schwesternschaft trinken! Also: Striptease-Tänzerin!“

Marc erkundigte sich genau, was eine Striptease-Tänzerin im Gegensatz zu „Stripperin“ bedeutete. „Ich ziehe mich komplett aus – das war‘s dann inklusive einem Blick in mein Innerstes!“, sagte sie. Und Solange machte ihre Bereitschaft kund, gelegentlich Marc einen Einblick in ihre Kunst zu bieten – nur anlässlich des ersten Rendezvous‘ nicht. „Reden wir über dich!“, lenkte Solange ab. „Mich würde vor allen deine Homepage interessieren. Was ist da drauf.“

„Nun, meine drei Romane, dazu Gedichte und meine Gemälde. Ich war sehr vielseitig – nur von der aktiven Musik habe ich meine Finger gelassen. Was nicht heißen soll, dass ich passiv dabei war, klassische und Heavy Metal-Musik mag ich besonders.“ – „Ich möchte, dass du mir ein Gedicht vorträgst!“

„Das Gedicht heißt ,Äther‘:

Äther

Paradiese im Augenblick / Anita
Anschluß und Ausbesserung / Leere
Rekruten erschossen
Die Nacht der Gummiknüppel
Sozusagen und Schaden / kostbare Eigenheit

Vermögen
und Vergessen
und unschuldig
Oben also… / Duell der Konflikte
Markantes Blau
Die zweite Sorgfalt
… oranges Ende“

Solange fand es „bemerkenswert“, dass Marc damit sein Geld verdienen wollte. Er sagte, dass er kaum sein Geld verdiente, sondern in der Bank. Es war ihr einerlei – sie war schon wieder bei den Romanen!

„Die Romane lauten auf:
NOSTRANIMA
Über Abenteuer, Erotik, Weisheit und Utopie
BERENICE
Sir Basil Cheltenhams zweites Leben
ANASTACIA
Die ewige Barbarei der Gefühle“, sagte er. „3 mal 500 Seiten, das muss man mir einmal nachmachen!“

Solange versprach, die Romane zu lesen – Zeit genug würde sie zwischen ihren Auftritten haben. Wobei sie unmerklich wieder bei ihrer Rolle als Striptease-Tänzerin angelangt waren. Und Solange schien nicht abgeneigt zu sein, Marc den unmittelbaren Beweis zu liefern. Der bis dorthin genossene Alkohol mochte ein übriges getan haben. Ans Werk – Solange zog sich langsam aus, sie hatte ein Kostüm an, das Oberteil flog im hohen Bogen durch die Luft, dann das Unterteil, und dann ging‘s richtig zur Sache: sie hatte halterlose Strümpfe an, von denen sie den einen aufreizend von sich warf, dann den zweiten ebenso aufreizend. Sie hatte ein Korsett an, aus dem sie sich langsam herausschälte. Der BH folgte, dann der G-String – sie stand nackt da. Sie streckte sich auf dem Boden hin und begann, ihre Brüste zu kneten. Und dann ihre Scham, wobei sie die Lippen weit auseinander zog, damit Marc bis in ihr Innerstes schauen konnte.

„So, Ende der Vorstellung!“, sagte Solange lakonisch. Marc spendete enthusiastisch Beifall!

Marc fand, dass für erste Mal genug war. Er brachte sie nach Hause und küsste sie auf die Stirn. Solange wusste das durchaus zu schätzen, dass er sie nicht weiter bedrängte – dazu würde später noch ausreichend Zeit sein. Sie küsste ihn auf den Mund, was zu den herrlichsten Aussichten Anlass gab. Und dann verschwand sie ins Haus…

Marc konnte nicht schlafen – er holte sich einen runter, was ihm (im Gegensatz zu sonst) nichts nützte und ihn unbefriedigt zurückließ. Er stand auf und war frustriert – hätte er sie in ihre Wohnung begleiten sollen. War vielleicht ihre scheinbare Zurückhaltung lediglich gespielt. Er zog sich an und verließ das Haus. Bei ihrem Domizil überlegte er kurz, ob er sie überraschen sollte, dann aber gab es kein Halten mehr – er läutete und wartete, dass sie ein Zeichen gab. Nach langer Zeit kam sie ihm verschlafen entgegen.

Solange hatte – im Gegensatz zu Marc – den Schlaf des Gerechten geschlafen. Dennoch empfing sie ihn einigermaßen fröhlich. Sie fragte, ob er einen Kaffee haben wollte – „Nichts lieber, als das!“, erwiderte er. Während des Kaffeekochens schaute ihn Solange unverwandt an und sie fielen (Kaffee hin oder her) übereinander her.

Solange und Marc, Marc und Solange – wild durcheinander. Der Banker und die Stripperin (wie er sie insgeheim nannte), nicht gerade ein Traumpaar auf den ersten Blick, wenn sie nicht so schön gewesen wäre. Aber reichte das aus: eh Solange und Marc schoben diesen Gedanken weit von sich, es war auch nichts Dringendes, was ihnen Kopfschmerzen bescheren musste. Sie schliefen miteinander, ganz ob sie das schon ewig gemacht hätten – es war ein einsamer Glücksfall, der sie zusammengeführt hatte.

Und dann fragte er sie nach den vielen verschiedenen Verkleidungen, die sie benützte. Und sie gab ihm bereitwillig Auskunft – war sogar stolz darauf. Er stellte sich das bildlich vor, ohne das jemals in Natura gesehen zu haben. Als erstes „Jessica Rabbit“, wo sich Solange aus einem viel zu engem Outfit schälte, knallrot war es, die darunterliegenden Teile erstrahlten in ebendieser Farbe. Der Schnitt der weiteren Stücke waren eher konservativ geschnitten, wobei der Schnitt der Einzelheiten darunter immer spärlicher und spärlicher wurden und am Ende ganz verschwanden – sie war also nackt. Sie legte sich flach auf den Boden und ließ die üblichen Avancen mit ihr geschehen (inklusive das Spiel mit den Genitalien).

Als nächstes „Lion“ – Solange verwandelte sich einen Löwen, der zunächst auf allen Vieren ging. Sie hatte eine Löwenmaske auf und sprang herum. Sie war mit fortscheidender Entkleidung wieder dort, wo ein da capo stattfand. Als nächstes „Yannelis“ – sie hatte ein Kostümchen an, in dem sie die unglaublichsten Verrenkungen vollführte. Zum Schluss fiel das Kleidungsstück und sie stand nackt da, inklusive der Zurschaustellung der Geschlechtsteile. Als nächstes „Elektra Cute“ – hier wurde ein Outfit ausprobiert, das an Glamour nicht zu überbieten war (es handelte um Solanges Lieblingsgarderobe). Es bestand im Wesentlichen aus einem trägerlosen schwarzen Abendkleid mit überlangen Handschuhen, die sie auch gleich raffiniert auszog. Es folgten die Strümpfe und dann die Robe. Und dann kam der Clou, statt der üblichen Unterwäsche Perlenschnüre, von denen sie sich bald befreite und dann hüllenlos dastand, mit dem üblichen Brimborium im Intimbereich.

Als nächstes „Scorned Wife“ – da hatte sie einen einfachen Hosenanzug an, von dem sie sich allerdings gekonnt wie immer entledigte. nach einem langen Tag in der Bank) und Slip ergänzten das Outfit – darunter kam noch etwas anderes zum Vorschein: zwei Nipple Covers und ein Hauch von einem G-String, bevor auch das fiel. Als nächstes „Tamara Mascara“ – Solange hatte ein Glitzerkleidchen an. Sie vollführte einige Tanzschritte, bevor das äußere Tuch der Vergangenheit angehörte und was kam darunter zum Vorschein – ein Korsett mit einem Strumpfbandgürtel und Strümpfe. Solange zog die Strümpfe langsam aus, fast schon aufreizend, sie zog ihren Strumpfbandgürtel aus, genauso aufreizend. Dann das Korsett, wobei sie sich Zeit ließ, BH und Tanga folgten. Dann das mittlerweile Obligatorische!

Bis jetzt hatte Marc nur Fotos von den Aufführungen gesehen, aber ihm lief das Wasser bereits jetzt im Mund zusammen, das Original zu sehen. Für heute war allerdings Schluss, es war spät geworden, genaugenommen war der Morgen schon angebrochen. Marc musste wieder in die Bank und Solange hatte noch Zeit bis zu ihrem anstrengenden Auftritt…

Solange hatte so schnell nicht damit gerechnet. Marc saß (nach einem langen Tag in der Bank) in der ersten Reihe des Etablissements, gierig darauf, was er jetzt sehen sollte. Und da war sie auch schon – andere interessierten Marc nicht – seine Eroberung, wie er sie insgeheim nannte. Solange war Profi genug sich nichts anmerken zu lassen. Und so führte sie für ihn „Jessica Rabbit“ auf – und für alle anderen, die im Raum waren, doch das kümmerte ihn nicht. Marc fiel nur dadurch auf, dass er es mit dem Enthusiasmus gar zu weit trieb. Solange hatte noch zwei Nummern zu absolvieren, „Elektra Cute“ und „Scorned Wife“, allerdings traten zwischendurch auch andere Tänzerinnen auf. Marc war besonders begeistert von „Elektra Cute“, wo sie mit Perlenschnüren spielte, und von „Scorned Wife“, wo sie kopfüber auftrat. Bei allen drei Aufführungen stand am Ende nackt da und die Show endete damit, dass sie Geschlechtsteile zur Schau stellte.

„Und was machen wir jetzt mit dem angebrochenen Abend!“, sagte Solange. Wobei Abend einen dehnbaren Begriff bedeutet — es war mitten in der Nacht. Marc ging durch den Kopf, dass ihre jeweiligen Zeitpläne nicht kompatibel erscheinen mochten – doch er verwarf diesen Gedanken bald wieder. „Zu mir oder zu dir!“, gab er sich selbstsicher. „Ich habe Wein und was zu essen wird sich auch finden. Oder du möchtest ein Lokal?“

Solange verneinte das mit dem Lokal. Sie wollte es sich gemütlich machen in seiner Wohnung, gemütlich essen und den Wein trinken und anschließend schlafen – „Du weißt schon, wie ich das meine!“ – „Und ob!“ Sie hatten gewöhnlichen Sex miteinander und dann lagen wir in Morpheus‘ Armen, eng aneinander geschmiegt.

Solange machte sich in der Küche zu schaffen – sie trug ein Hemd von Marc, als er plötzlich aus dem Schlafzimmer hereintrat. „Oh, es gibt Kaffee! Den brauche ich jetzt!“, sagte er und sie kuschelte an ihm und tat ihm recht schön. Er musste gut gewesen im Bett heute Nacht, da war er sich nie ganz sicher. „Ich muss ins Büro. Ganz sicher sogar. Mi casa es tu casa! Fühl dich ganz zuhause. Ich werde schauen, dass ich abends rechtzeitig daheim bin und dann könnten wir was essen und ich könnte dich wieder in die Aufführung begleiten!“ „Aber wird dir das nicht langweilig.“ – Ich habe gar nicht alle deine Performances gesehen. Mir wird schon nicht fad.“

Marc ging aus dem Haus, Solange blieb zurück und widmete sich seinen Bildern, die prominent vertreten waren. Dann schaute sie sich seine Bücher an, darunter die veröffentlichten drei Romane. Dann aß sie etwas, schloss die Augen und schlief ein. Dann schaute sie aus dem Fenster in eine Vorstadtgasse, wo kaum einmal ein Auto zu sehen war. Dann bereitete sie sich auf die Shows vor. Dann kam Marc nach Hause und sie speisten etwas. Dann fuhren sie wieder in das Etablissement.

Solange hatte heute auf dem Programm: „Lion“, „Yannelis“ und „Tamara Mascara“. Bei „Lion“ verwandelte zunächst in einen Löwen, bevor sie am Ende wieder das Löwenantlitz herunternahm und hüllenlos, auf dem Boden liegend ihre Spielchen machte. Bei „Yannelis“ hatte sie ein Kostümchen an, das schrittweise fiel. Bei „Tamara Mascara“ hatte sie ein Glitzerkleidchen an, aus dem sie sich langsam herauslöste – zum Schluss wälzte sie sich konvulsivisch auf der Bühne und spielte mit ihren sekundären und primären Geschlechtsmerkmalen. Marc, der wieder in der ersten Reihe saß, war begeistert, was sich in den Beifallskundgebungen äußerte.

Zu Hause angelangt – in seiner Wohnung, wohlgemerkt -, hatten Solange und Marc es fein. Fernsehen kam nicht in Frage, dazu war ihnen die Zeit zu schade. Solange erzählte aus ihrem Leben, dass sie ganz klein begonnen hatte als Schlammcatcherin – „Eine Sache, auf die ich nicht gerade stolz bin!“, resimürte sie entschuldigend -, aber was blieb ihr anderes übrig auf dem Weg zur Striptease-Tänzerin – „Stripperin, wie du sagen würdest!“, fügte sie verschmitzt hinzu. „Das musst du dir einfach vorstellen (Bikini war Pflicht) – der ganze Dreck, die Kontrahentin, die vielleicht nicht so angewidert ist wie du, sich schmutzig zu machen, und die dich gnadenlos kopfüber in den Schlamm drückt, bis dir Hören und Sehen vergeht und dich eine gefühlte Ewigkeit zappeln läßt.“

„Dann habe ich folgendes gemacht:“, setzte Solange nach kurzer Unterbrechung fort, in dem sie auf ihrem langem Weg zur Striptease-Tänzerin Bezug nahm, „Ich wurde in Ketten gelegt, die mir über den Rücken zusammengeschlossen wurden, mir wurden Handschellen angelegt, sodass ein Entkommen unmöglich schien. Bikini war wiederum Pflicht. Ich wurde in ein Faß voll Rotwein gesteckt (ich musste meine Augen schließen, so hat mir die Flüssigkeit zugesetzt), und nach ein Paar Atemzügen war das Faß unter der Oberfläche – Deckel zu, und Ketten wurden außen angebracht. Ich musste mich herauswursteln, was gar nicht so einfach war. Ich konnte nicht sicher sein, ob die Übung gelänge, und ob ich nicht absaufen würde. Ich tauchte ganz erschöpft auf!“

Solange hatte sich heiß geredet – das zeigte, wie sehr sie das heute noch beschäftigte. „Also du, da fällt mir noch etwas ein – ich bin tatsächlich am Rande einer Ohnmacht gestanden durch diese Art von Behandlung und ich glaubte, dass ich nie wieder auftauchen würde. Das war ein prägendes Erlebnis, sodass ich mir vorstellen konnte, dass von meinem Traum als ernstzunehmende Striptease-Tänzerin (Stripperin, würdest du sagen) nichts übrig blieb. Dann aber dachte ich mir: ,Was soll‘s?‘ Man soll seine Visionen nicht verleugnen. Und so stehe ich vor der dir als das, was ich jetzt bin!“

Da hatte Marc ganz andere Erfahrungen, aufregend zwar, aber nicht das Spektakuläre, das Solange auszeichnete. Marc war in der Welt ziemlich herumgekommen – USA, verschiedene Destinationen in Europa, Naher Osten und Ferner Osten, das war eher ungewöhnlich, selbst für einen Banker. Er hatte ziemlich nette Begegnungen, etwa als er auf der Heimreise von Japan ein Captain Girl (das ist die Chefin der Cabin Crew bei einer Fluglinie) namens Franca Caravacciolo kennengelernt hatte. Die Maschine (der legendären Swissair) war einigermaßen leer, sodass sich das C.G. seinen Bedürfnissen widmen konnte. Überflüssig zu sagen, war sie eine ausgesprochene Schönheit, was ihrer Herkunft geschuldet war – sie war nämlich aus dem Kanton Ticino, der Menschenschlag dort zeichnet unter anderen durch üppiges schwarzes Haar aus. Marc glaubte, dass er sich ein bißchen verliebt hatte, nur für die Dauer der Reise.

Er hatte auch ganz andere Erlebnisse der unerfreulichen Art – etwa wenn das Management ihm fallweise einen großen Guru vorsetzte, mit dem Ziel, dass er den Laden eines Tages übernehmen konnte. Marc erinnerte sich an einen gewissen Dr. Albert Rainer, der hochgelobt wurde, obwohl er bis jetzt gar nichts geleistet hatte. Marc hatte einige Mühe, den Dr. Rainer auf sein natürliches Maß zurückzuschrauben. Marc war ja selbst ein Doktor – an dem konnte es nicht liegen. Bis Herr Dr. Rainer einen ordentlichen Flop baute und entlassen wurde, worauf man sich herkömmliche Kräfte zurùckgriff. Bis der nächste Guru auftauchte…

Solange war fasziniert von dem, was sich da auftat – jeder schätzt das, was er nicht hat. Ganz so arg war es nicht, denn dann hätten Marc und Solange nicht zueinander gefunden. Die Liebe war dorthin gefallen, wo selbst zwei so unterschiedliche Charaktere wie die beiden (Stripperin und Banker) sich zusammengerauft haben. Das ist gewiss – sie würden zusammenbleiben, bis der sprichwörtliche Tod sie schied. Solange und Marc, Marc und Solange – sie hatten noch ewig Zeit, sich zu entscheiden. Das letzte Wort war längst gesprochen.

Solange hatte eine besondere Überraschung für Marc – nur für ihn und exklusiv für ihn und außer für ihn noch in keinem Programm zu sehen gewesen. Der Titel war „Watermelon Man“ inklusive der Musikuntermalung gleichen Inhalts, die durch die Lautsprecher der Stereoanlage ertönte. Die Ausstattung war eine schwarze Perücke, eine Brille und ein schwarzer Ledermantel. Sie spielte herum mit ihrem Mantel, vor und zurück, bevor sie ihn richtig auszog. Der Anblick darunter war sensationell: ein grünes Top, dazu grüne Handschuhe, die bis über die Ellenbogen reichten, und ein grüner G-String. Sie nahm die Brille, die nur der Verzierung diente, ab und beschäftigte sich kurz damit. Dann waren die Handschuhe daran, einer nach dem anderen, es folgte das Top, dem sie sich mit besonderer Aufmerksamkeit widmete. Es fiel, darunter kamen zwei Nipple Covers zum Vorschein. Sie legte den Hös’chen ab und darunter zeigte sich ein noch kleinerer String.

Da konnte Marc sich nicht mehr zurückhalten. Er zog sich auch aus, bis er komplett nackt war. Solange legte ihre Nipple Covers und den String ab und sie machten es sich auf dem Bett gemütlich. Dann schliefen sie ein – im Adams- respektive Evakostüm, so wie sie waren.

Marc erwachte als Erster. Er zog seine Stripperklamotten an – oder das, wofür er es hielt. Dann weckte er Solange auf, um ihr sein Outfit zu zeigen. Sie konnte sich ein Lachen nicht verbeißen, dann aber schau sie seiner Aufführung zu: Er schälte sich aus der schwarzen Montur heraus, wie er das an ihr beobachtet hatte. Blieb der Unterzeug, ein Fundoshi-Slip (die japanische Machart mit den Schnüren), gekonnt entledigt durch Marc. Er stand nackt vor ihr, ließ von hinten und von vorne bestaunen. Solange fiel über ihn her – sie konnte sich einfach nicht zurückhalten. Und dann passierte es: Marc kippte vornüber – er war tot…

Die von Solange gerufene Ärztin schrieb in ihrem Bericht: „Mors in coitu!“